Fünftes Buch: Die Plagen des Pharao
Über den genauen Zeitpunkt der Katastrophe belehren uns zwei Inschriften, die vordergründig nichts miteinander zu tun zu haben scheinen: Im dritten Jahr (Osorkons II), im ersten Monat der zweiten Jahreszeit, am 12. Tage kam die Flut heran im ganzen Land ... die in ihrer Gewalt war wie das Meer; es gab keinen Deich von Menschenhand, dieses Wüten aufzuhalten ... Die ganze Menschheit war gleich Vögeln auf ihr ... der Sturm ... aufgehalten ... wie die Himmel. Die Tempel Thebens waren wie Sümpfe.2 Dazu meint Breasted3: Dieses Kalenderdatum für den Hochstand der [normalen] Überschwemmung entspricht in keiner Weise der Stellung in den Jahreszeiten. Der andere Text nennt ein abweichendes Datum: Im Jahre 15 (Scheschonks III), im vierten Monat der dritten Jahreszeit, am 25. Tage, unter der Regierung seines erhabenen Vaters, des göttlichen Herrschers von Theben, bevor der Himmel den Mond (nicht?) verschlang, erhob sich großes Wüten im Lande.4 Breasted ergänzt5: Bald darauf führte Osorkon einen neuen Opferkalender ein. Velikovsky sieht - wie Breasted offenbar auch - das letzterwähnte Ereignis "einige Jahrzehnte später" eintreten als das in der ersten Inschrift erwähnte. Nach den Datierungen zu urteilen handelt es sich um zwei verschiedene Ereignisse, die von Breasted auch zwei verschiedenen Herrschern zugeschrieben wurden, die von ihm wie folgt datiert worden sind:
Osorkon III wäre der Königssohn und Hohepriester, aus dessen Hand die Inschrift zum Jahr 15 "Großes Wüten" stammen soll, das hundert Jahre vor ihm stattgefunden haben müsste. Ganz abgesehen davon, dass jeder namhafte Ägyptologe seine eigene Datierung vornimmt und daher ein völliges Chaos in den ägyptischen Geschichtszahlen entstanden ist, das sich zudem besonders in den obigen Dynastien eingestellt hat, gehören diese so genannten libyschen Dynastien in die in Rede stehende Zeit der vierten Typhon-Katastrophe. Ich greife an dieser Stelle auf das Kapitel Der Neubeginn in Ägypten zurück, worin die Einordnung der drei vorgenannten Libyer mit ihren Alteregos überzeugend dargestellt wird:
der Sohn des Phiops-Anubis-Ramses III/VIII Meri-Re, also des "Typhon". Er war ein Zeitgenosse des Priesterkönigs Herihor-Harchuf-Josef und - als die Typhon-Katastrophe hereinbrach - König von Libyen im Delta, und zwar in seinem dritten Jahr: seit 622 ndFl.
Dieser Scheschonk ist nicht mit Ches-(cha-nak)cheper-Re = Chus-Sesostris identisch. Er war aber wie dieser ebenfalls ein Stadtkönig im Delta, und es war sein 15. Jahr, als die Katastrophe losbrach, nämlich das Jahr 15 KNB, und auch er war wie sein Halbbruder Osorkon II ein Sohn des erhabenen Vaters, des göttlichen Herrschers von Theben, wie obige Inschrift zum Jahr 15 vermerkt, nämlich des Phrix-Typhon-Phiops-Anubis = Ramses III/VIII. Osorkon III A-cheper-Re setpen-Amun ist der spätere Pharao
Sethos II = Amenophis II User-A-cheperu-Re = Serach, der Äthiopier (2. Chron. 14). Er kam erst nach der Katastrophe als König von Libyen und als Feldherr ins Delta. Zu der in Rede stehenden Zeit war er erst 15 Jahre alt und kommt daher für einen "Flut"-Osorkon, auf den sich die Inschriften beziehen könnten, nicht in Frage. Er war aber der Osorkon, der einen neuen Opferkalender einführte bzw. den neuen ägyptischen Kalender (noch unter Osorkon II = Ramses IV oder sogar noch unter Chus-Sesostris-Takelotis), und zwar ab dem Jahr 19 KNB entsprechend Jahr 1 äg.Kal.(= des neuen ägyptischen Kalenders): ab 628 ndFl. Breasted billigt dem dritten Osorkon nur drei Jahre zu, woraus aber nicht zu schließen ist, er habe angenommen, dieser sei es gewesen, zu dessen Zeit die Flut im 3. Jahr hereinbrach. Der hier herrschende Osorkon-Scheschonk-Takelotis-Wirrwarr verläuft parallel zu dem bereits erwähnten Thutmoses-Wirrwarr. Zudem hat sich in meiner berichtigten Darstellung gezeigt, dass die 21. oder Priester-Dynastie, die konventionell rund 150 Jahre vor den Libyern der 22./23. Dynastie gesehen wird, in Wirklichkeit in dieselbe Zeit gehört: Herihor, Smendes, Painozem und dessen Sohn Mencheperre. Ohne uns um die konventionellen (Fehl-)Interpretationen zu kümmern, die uns ohnehin nicht einen Schritt weiterbringen können, setzen wir den Osorkon II der angeblich älteren Inschrift mit Ramses IV gleich, wozu uns die Namensgleichheit (User-maat-Re) berechtigt. Er überlebte die Katastrophe. Die Osorkon-Flut fand in seinem dritten Jahr statt. Die angeblich spätere Inschrift aus dem 15. Jahr soll aus der Hand des Königssohnes, des Hohenpriesters Osorkon, stammen, dessen Vater in Theben als Pharao regierte. Das Jahr 15 bezieht man als Regierungsjahr auf den Vater in Theben; es müsste nach obiger Tabelle das Jahr 820 v.Chr. gewesen sein, also hundert Jahre vor dem Regierungsantritt des Sohnes, der folglich auch gar nicht der Sohn gewesen sein kann. Wir brauchen daher weder zu glauben, dass der göttliche Vater in Theben Scheschonk (III) hieß, noch dass der Sohn 63 Jahre nach dem Vater in einer neuen Dynastie auf den Thron kam. Wir können aber getrost davon ausgehen, dass die beiden Ereignisse miteinander identisch sind und zu Osorkon (II) User-maat-Re gehören, dessen Vater Anubis-Ramses III tatsächlich in Theben regierte: Phrix-Typhon. Auch Se-Sechem-cheper-Re Osorkon-Scheschonk = Thutmoses Men-cheper-Re war ein Sohn des in Theben regierenden Pharaos Ramses III und ein jüngerer Halbbruder des Osorkon II User-maat-Re; aber der Verfasser der Inschrift zum Jahr 15 war kein Sohn des in Theben regierenden Pharaos; er war der Sohn Osorkon III A-cheper-Re des Ramses-Amenophis I = Djoser. Folglich konnte er schreiben: seines ... Vaters. Andernfalls hätte er doch geschrieben: meines oder unseres Vaters. Natürlich benutzte er die KNB-Zählung, in welcher das Jahr 624 ndFl das Jahr 15 ist, da "sein" Kalender erst mit dem Jahr 19 KNB entsprechend Jahr 1 (des neuen ägyptischen Kalenders) begann. Wieso haben wir es aber mit zwei verschiedenen Datierungen (Tag, Monat) für dasselbe Ereignis zu tun? Die eine Datierung gibt das Datum an für den Beginn des Aufruhrs: Im Jahre 15, im vierten Monat der dritten Jahreszeit, am 25. Tage, ... großes Wüten ... In die moderne Sprache übersetzt bedeutet das: Im Jahre 15 KNB, also noch im vortyphonischen Kalender, der in den Jahren von 610 bis 628 ndFl in Gebrauch war, und zwar sechs Tage vor dem Beginn des neuen Jahres - der vierte Monat der dritten Jahreszeit ist der letzte Monat des Jahres -, setzte die Katastrophe ein. Die Beziehung zum Mond ist hierin unklar; doch man beging das im AT eindeutig mit diesen Vorgängen in Verbindung gebrachte Passah-Fest am Sonntag nach dem ersten Frühlings-Vollmond, während der Jahresbeginn traditionell am ersten Frühlings-Neumond lag. Daraus schließe ich - wohl wissend, dass ich mich damit auf das glatte Parkett des klassischen "Dreikörperproblems" begebe -, dass der Mond ebenfalls von Typhon herumgeschwenkt wurde, und zwar aus der Neumond- in die Vollmond-Position. Um sich diesen Vorgang vorstellen zu können, muss man sich die Achse Typhon-Erde-Mond-Sonne in der Weise gebrochen denken, dass nach einer fast 180° ausmachenden gegenseitigen Umkreisung, deren Drehpunkt der gemeinsame Schwerpunkt war, eine Achse Sonne-Typhon-Erde-Mond entstanden war. Anders ausgedrückt: der Neumond wurde durch den von außerhalb der Erdumlaufbahn sich nähernden und die Erde überholenden Typhon gewissermaßen "über die Erde hinweg" in eine Vollmond-Stellung gehoben. Passah bedeutet das Vorübergehen des Herrn - oder sollte man besser sagen: des Typhon? Für die betroffenen Zeitgenossen kam es aber auf dasselbe heraus. Das Passah-Fest wurde unter einem Vollmond begangen, bei dem Jahresbeginn setzte man dagegen die alte Tradition offenbar fort, indem dafür der Neumond maßgebend war. Der Mond war weder "verschlungen" noch "nicht verschlungen" worden; der Himmel hatte den unsichtbaren Neumond als hellen Vollmond "wieder herausgegeben". Da die Osorkonflut und die vierte Typhon-Katastrophe, von der sie ausging, gleichzeitig stattfanden, überrascht die flutbezogene Inschrift mit einem völlig anderen Datum in bezug auf Monat, Jahreszeit und Tag: Im dritten Jahr (gemeint ist des Osorkon II User-maat-Re), im ersten Monat der zweiten Jahreszeit, am zwölften Tage kam die Flut heran im ganzen Land ... Das Mittelmeer lag - wie oben bereits erläutert wurde - im Bereich des Drehpols der Mantelverlagerung. Wenn Typhon folglich um etwa 90° versetzt von hier stand, dann war im Mittelmeer während der Umkreisung Erde-Typhon "Niedrigwasser", das sich auch noch jenseits der Straße von Gibraltar fortsetzte. Hier hindurch floss aus dem Mittelmeer sogar noch Wasser ab. Als sich dann am Ende der Nahbegegnung die Weltmeere wieder nivellierten, wurde dieses Wasser unter hohem Druck ins Mittelmeer zurückgepresst, wo es sich zur deukalischen bzw. Osorkon-Flut auftürmte. Sie bildete - analog zu der mesopotamischen Sintflut 623 Jahre zuvor - den Abschluss der Katastrophe und den Beginn eines neuen Kalenders.
Wieso? Haben wir es nun mit noch einem dritten Kalender zu tun? Nein; denn analog zur Sintflut begann auch nach der vierten Typhon-Katastrophe das erste Jahr des neuen Kalenders mit dem Ende der Katastrophe bzw. mit der Flutwelle selbst (bei der Sintflut mit dem Ende der Flut). Sechs Tage, die mir für die Dauer der Katastrophe als angemessen erscheinen, waren seit dem Beginn des "Wütens" vergangen, das zwar nachträglich in das alte Kalenderjahr 15 (KNB), aber auf den 25. Tag des letzten Monats einer letzten alten Jahreszeit datiert wurde, auf einen Kalendertag mithin, der zwar sechs Tage vor dem ersten Tag des neuen Kalenders lag, den es aber nie gegeben hatte; denn bereits im ersten Monat der zweiten Jahreszeit, am zwölften Tage kam die Flut heran im ganzen Land und machte dem alten Kalender endgültig ein Ende. Eine dritte Jahreszeit konnte es in diesem Jahr gar nicht mehr geben, folglich auch keinen ersten Tag mehr in einem Jahr 16 (KNB), der unter normalen Umständen sechs Tage nach dem 25. Tag des letzten Monats im Jahr 15 (WdG) angebrochen wäre; aber es war diesmal nicht "normalerweise". Tatsächlich hatte die Katastrophe am 6. Tag des ersten Monats der zweiten Jahreszeit im vortyphonischen Kalender begonnen, und die Flut wurde in diesem Kalender auch richtig auf den 12. Tag dieses Monats datiert, der dem Beginn eines neuen Kalenders entsprach: der erste Tag des ersten Monats der ersten Jahreszeit im Jahr 1 nach Typhon 4. Der neue Kalender wurde jedoch noch nicht sogleich eingeführt, da die Menschen in Ägypten andere Probleme hatten. So wurde der alte Kalender zunächst noch weiter benutzt, obwohl er nicht mehr genau sein konnte. Man könnte daraus schließen, dass die angeblich spätere, den Beginn des "Wütens" betreffende Inschrift (Jahr 15) wegen der falschen Datumsangabe (25. Tag im 4. Monat der 3. Jahreszeit) nicht vor der Einführung des neuen Kalenders, und die angeblich ältere, die Flut betreffende Inschrift (3. Jahr) noch unter Verwendung des alten Kalenders verfasst worden sei. Hierbei gilt es zu bedenken, dass der neue ägyptische Kalender nicht sogleich nach Typhon, sondern erst im Jahre 628 ndFl entsprechend Jahr 19 KNB eingeführt wurde. Ein Chronist stand vor dem Problem, zwischen der Katastrophe und der Einführung des neuen Kalenders für seine Zeitangaben einen Kalender zu benutzen, den es zwar noch nicht gab, der aber de facto schon bestand. Zwischen den beiden Datumsangaben lagen auf keinen Fall Jahrzehnte; es war ja auch dasselbe Ereignis gemeint. Der Zustand beider Inschriften soll "sehr schlecht" sein. Liegen hier sinnentstellende Übersetzungsfehler vor? An der richtigen Zuordnung beider Inschriften in der berichtigten Geschichte können solche Fragen nichts mehr ändern. Die Angabe Jahr 15 bezieht sich nicht auf das 15. Jahr der Regierung des Scheschonk; es ist - wie oben schon gesagt wurde - das Jahr 15 des KNB-Kalenders, also das Jahr 624 ndFl, darunter zu verstehen. Folglich ist das erste oder Antrittsjahr desjenigen Osorkon, in dessen drittem Jahr die Flut stattfand, das Jahr 13 KNB entsprechend 622 ndFl = 258 v.Chr. gewesen. Osorkon-Ramses IV war in diesem Jahr zum Thronfolger aufgestiegen. Dieser Ämterwechsel kann nur durch die Kamose-Revolte ausgelöst worden sein, die im Kapitel Der Neubeginn in Ägypten bereits abgehandelt wurde. Die kalendarischen Folgen der Katastrophe Angenommen, das ägyptische Kalenderjahr habe vor Typhon 4 ebenfalls mit dem Einsetzen des Nilhochwassers begonnen, was heute jahreszeitlich zum Monat August gehört, dann hat die Katastrophe in einem Monat stattgefunden, der heute jahreszeitlich dem Dezember entspräche. +======================+=================================+
| Tag/Mon./ | | | Jahreszeit - KNB - | | +----------------------+---------------------------------+ | 01.1.1. = August | Der genaue Kalendertag nach der | | 01.2.1. = September | heutigen Einteilung ist nicht | | 01.3.1. = Oktober | von Bedeutung. | | 01.4.1. = November +---------------------------------+ | | Die Monate der linken Spalte | | 01.1.2. = Dezember | entsprechen (ca.) den folgenden| | 06.1.2. = Beginn der | nach 624 nach 676 nach 728 | | Katastrophe+---------------------------------+ | 12.1.2. = Osorkonflut| Juni Ende Mai Anf. Mai | | 01.2.2. = Januar | Juli " Juni " Juni | | 01.3.2. = Februar | August " Juli " Juli | | 01.4.2. = März | September " Aug. " Aug. | | 01.1.3. = April | Oktober " Sept. " Sept.| +======================+=================================+ In obigem Schema sind schon die Veränderungen berücksichtigt, die durch die Erdachsverdrehungen der Jahre 676 und 728 ndFl erst hervorgerufen wurden und zu jahreszeitlichen Anomalien führten. Bezogen auf den jüdischen Kalender bedeutet das, dass der Jahresbeginn, der vor Typhon im Frühling gelegen hatte, nach Typhon in den Herbst zu liegen kam. Noch heute ist der jüdische sakrale Kalender gegen den bürgerlichen um sechs Monate versetzt. Der sakrale beginnt mit dem ersten Frühlings-Vollmond, an welchem Tag das Passah-Fest begonnen wird, das über sechs Tage gefeiert wird, wenn man das Fest der ungesäuerten Brote mit dazu rechnet. Diese sechs Tage entsprechen der Dauer der Katastrophe, des "Vorübergehens". Das bürgerliche Kalenderjahr der Juden beginnt mit dem ersten Neumond im September. Wie auch immer dieser zweifache Jahresanfang erklärt wird; es leuchtet doch sofort ein, dass eine Verschiebung der Jahreszeit durch das Herumziehen des Erdmantels bei gleichzeitiger Stabilität der Achsausrichtung zwangsläufig eintreten muss, und zwar um genau ein halbes Jahr. Die Bewohner der beiden Hemisphären (Nord und Süd) fanden sich nach der Katastrophe in Jahreszeiten wieder, die eigentlich ein halbes Jahr später erst an der Reihe gewesen wären. Sollte also der Tausch der Jahreszeiten im Verlauf der Typhon-Katastrophe aus Dezember (jahreszeitlich) den Juni gemacht haben, dann fiel der Beginn des neuen bürgerlichen Jahres, nachdem zwölf Monate im alten Kalender abgelaufen waren, auf Anfang Oktober. Auf die Rückverlagerungen des Jahresbeginns auf Anfang September komme ich weiter unten zu sprechen. Aus dem Neumond am 06.1.2. im vortyphonischen ägyptischen Kalender wurde bis zum 12.1.2. der Vollmond, der aber nicht am Beginn des jüdischen Sakraljahres stand. Dorthin gelangte er erst durch eine noch zu besprechende Passahreform. Die schöne Zeit des 360Tage-Jahres mit den zwölf Monaten zu je 30 Tagen, die genau einem synodischen Mondumlauf (von Neumond bis Neumond) entsprachen, war nach Typhon 4 vorbei. Dieses Jahr hatte bei den meisten Völkern vermutlich mit dem Frühlingsanfang begonnen (Frühlings-Tagnachtgleiche), bei den mondverehrenden Semiten möglicherweise mit dem ersten Frühlings-Neumond. Das ägyptische Jahr begann - wie ich oben unterstellt habe - gewiss auch schon vor Typhon mit dem Einsetzen des Nilhochwassers, also im August. Die Jahreszeiten Achet (August - November), Peret (Dezember - März) und Schemu (April - Juli) gab es sicherlich auch schon vor der Vertauschung der Hemisphären; denn für Ägypten hatte sich durch Typhon 4 keine wesentliche Klimaänderung ergeben. Selbstverständlich decken sich die Monate mit den heutigen nicht auf den Tag genau. Die Bezeichnung Achet (= ägypt. für Horizont) steht meines Erachtens für die Sonnenwende, die nach unserem heutigen Kalender am 21./22. Juni liegt (vgl. Achet-Aton = Wendekreis). Es ist jedoch nicht möglich - soweit es mir scheint -, dass im 360Tage-Kalender der Jahresbeginn im August mit dem heliakischen Sirius-Aufgang verbunden war (hierzu siehe im ersten Band das Kapitel Kalender und Chronologie). Es ist vielmehr denkbar, dass Sirius erst durch die Kalenderreform des Ameni (= Sethos-Amenophis II), der die Jahreszeiten in ihrer richtigen Zeit kommen ließ, zu der Rolle eines Neujahrssterns kam. Da die beiden Kalenderreformer Ameni und Osorkon III miteinander identisch sind, so handelt es sich natürlich nur um eine einzige Kalenderreform. Ameni muss seine Kalenderreform schon im Jahre 628 ndFl, dem Jahr 19 des Kalenders des Neubeginns (KNB) entsprechend Jahr 1 äg.Kal., des neuen ägyptischen Kalenders, vorgenommen haben, als er noch der Deltafürst Osorkon III A-cheper-Re und noch nicht der Pharao Sethos-Amenophis II User-A-cheperu-Re war; denn es dürfte wenig wahrscheinlich sein, dass man den ägyptischen Kalender unmittelbar nach Typhon zweimal änderte. Die einfache Einteilung des Himmels, an dem jeder Tag einem Winkelgrad auf der 360°Skala entsprochen hatte, war nach Typhon ebenfalls nicht mehr gegeben. Die Astronomie war "unbequem" geworden. Man gab deshalb Paris den goldenen Apfel in die Hand, also die Sonne, und ließ ihn einen Himmelskörper auswählen, der von nun an mit der Sonne gemeinsam als Kalendermacher fungieren sollte. Paris, der Asiat, wählte die Venus, also Aphrodite. Wenn aber der Planet Venus der ehemalige Typhon gewesen sein sollte, wie es von Velikovsky unterstellt wird, dann wäre es meines Erachtens noch zu früh gewesen, diesem Himmelskörper eine Kalenderfunktion zu übertragen, da es dazu einer längeren Beobachtung bedarf. Dennoch ist nicht zu übersehen, dass in Asien ein forcierter Venus-Kult aufkam. Außerdem wäre der Venus-Kalender sehr ungenau gewesen, wenn man die heutigen Bahnwerte für diesen Planeten zugrunde legen darf: Siderische Umlaufszeit der Venus: 0,6152 trop. Jahre = 0,6152 x 365,2422 = 224,697 Tage; acht Venusjahre sollen fünf Erdenjahren entsprechen bzw. entsprochen haben: 8 x 224,697 = 1797,576 Tage; Länge des Olympiadenjahres: 361,25 Tage fünf Olympiadenjahre: 5 x 361,25 = 1806,25 Tage; Differenz nach fünf Jahren: ca. 8,7 Tage. Mit der Länge unseres heutigen Jahres käme eine noch größere Differenz heraus, und mit dem Epagomenenjahr zu 375 Tagen wäre es überhaupt nicht möglich gewesen. Vorausgesetzt natürlich, dass die Umlaufszeit der Venus damals dieselbe war wie heute. Vieles spricht also dagegen, dass die Venus seinerzeit zum Kalenderstern avancierte, vieles spricht indes dafür, dass die neue Göttin Typhon-Athene in der orientalischen Welt schnell zur Hauptgöttin aufstieg; denn die Stern-Göttinnen Asterie, Astharoth, Aschera und Ischtar kamen zu einem gleichhohen oder sogar noch höheren Ansehen als die in der vortyphonischen Zeit am höchsten verehrte Inanna, die aber ebenfalls als Stern-Göttin angesprochen werden kann, da sie bisweilen unter ihrem Namen Gula mit einem Hund und einem Stern abgebildet wurde, was sie als Hundsstern- oder Sirius-Göttin ausweist. Die Möglichkeit, dass die Gleichung acht Venusjahre = fünf Erdenjahre die vortyphonische Zeit betreffen sollte, also 8 x 224,697 = 1797,576 Tage (ungef.) = 5 x 360 = 1800 Tage mit einer Differenz von nur 2,424 Tagen in fünf Jahren und nur 0,485 Tagen in einem Jahr, schließt aus, dass es sich bei dem Planeten Venus um den ehemaligen Planeten Typhon handelt. Diese Möglichkeit bleibt aber prinzipiell bestehen, sobald von einer Venus-Zeit vor Typhon 4 abgesehen wird. In Hellas wurde der Mond herangezogen, gemeinsam mit der Sonne als Kalendermacher zu fungieren. Man hatte nämlich schon bald nach der Katastrophe beobachtet, dass der Mond alle vier Sonnenjahre in derselben Phase vor demselben Fixsternhintergrund stand. Diesen Zyklus eines Mondgroßjahres nannte man eine Olympiade, da in jedem ersten Jahr dieses Zyklus' olympische Spiele abgehalten wurden, deren Ursprung als Zeus- und Hera-Kult durchaus schon lange vor der Katastrophe Typhon 4 und diesem Olympiaden-Kalender gelegen haben kann. Die Olympiade umfasste 49 synodische Monate (von Vollmond bis Vollmond), also insgesamt 50 Vollmonde, und 53 siderische Monate, d.h. solche, nach denen der Mond wieder vor demselben Fixsternhintergrund steht. Am Ende des siderischen Monats ist die Phase des Mondes natürlich von derjenigen verschieden, in der der Mond an dessen Beginn stand. Die genauen Monats- bzw. Jahreslängen des Olympiadenjahres kennen wir nicht aus griechischen Überlieferungen. Diese Längen sind uns aber aus dem jüdischen Kalender bekannt: Die Länge des Jahres betrug 361,25 Tage (siehe dazu weiter unten!). Benötigt wird dieser Wert zur Berechnung des Erdabstandes von der Sonne nach Typhon 4 (nach dem dritten Keplerschen Satz: Die Quadrate der Umlaufzeiten verhalten sich wie die Kuben der großen Bahnachsen [der Umlaufellipsen]; in diesem Fall habe ich die mittleren Abstände von der Sonne gewählt, was zu demselben Ergebnis führt.): 361,25² = x³ ; x = ca. 148,41 Mio km.
365,25² 149,5³ Gegenüber dem heutigen mittleren Abstand ergibt sich ein kürzerer Wert, gegenüber dem vortyphonischen Abstand müsste sich eine Verlängerung herausstellen: 360² = x³ ; x = ca. 148,07 Mio km.
361,25² 148,41³ Tatsächlich wurde die Erde durch Typhon bei seiner vierten Nahbegegnung nur ganze 340 000 km aus ihrer alten Bahn von der Sonne weggerückt. Daraus kann gefolgert werden, dass sich Typhon der Erde auf der sonnenabgewandten Seite genähert und die Erde überholt haben muss. Beide Bahnen verliefen im Abstand von ca. 340 000 km annähernd parallel, und in annähernd demselben Abstand von der Erde befand sich der Mond auf der der Sonne zugewandten Seite, also in seiner Neumond-Position. Ein paralleler Verlauf der Erd- und Typhonbahn ist nur auf einer relativ kurzen Strecke gegeben. Die Änderung des Sonnenabstandes der Erde war im Vergleich zu der drastischen Bahnverlagerung bei Typhon 3 sehr gering. Nach einer Halbdrehung des Systems Typhon-Erde-Mond um den gemeinsamen Schwerpunkt über eine Sechstagesstrecke (= ca. 15 Mio km) waren die Sonnenabstände von Typhon und Erde vertauscht. Der Mond stand in der Vollmondposition, also auf der von der Erde aus gesehen sonnenabgewandten Seite. Wie sich leicht errechnen lässt, passen heute keineswegs - wie es die Schulwissenschaft gern haben möchte - genau 49 bzw. 53 Mondumläufe in einen Zeitraum von vier tropischen Sonnenjahren. Auch das hätte den "astronomischen Chronologen" zu denken geben müssen; denn die Griechen waren nicht so töricht, als dass sie dies nicht bemerkt und geglaubt hätten, 365,24 mal vier = 1461 ergäbe durch 29,53 geteilt (= 49,475) eine ganze Zahl. Dass die Griechen später kurzzeitig zu Achtjahres-Olympiaden übergingen, wurde sogar umgedeutet, als hätten sie vor den Perserkriegen mit so langen Zyklen operiert. In Wirklichkeit ergab sich in der Xerxesnacht (die Sonne geht kurz nach dem Aufgehen wieder unter den Horizont zurück) am Beginn des Perserfeldzuges gegen Hellas erst die Möglichkeit, mit dem 365,2422Tage-Jahr, das damals entstanden war, eine Achtjahres-Olympiade zu gestalten: 29,530588 (synodisch) x 99 = 2923,528212 Tage;
27,321661 (siderisch) x 107 = 2923,417727 Tage; 365,242197 (tropisch) x 8 = 2921,937576 Tage. Die Abweichung von acht tropischen Sonnenjahren von den Daten des Mondes beträgt etwa 1 1/2 Tage, durch die der Kalender unhandlich wurde. Deshalb wandelte man ihn auch bald etwas ab, indem man zwei ungleich lange Vierjahres-Olympiaden einführte, und zwar eine kurze zu 49 und eine lange zu 50 Monaten, die abwechselnd aufeinander folgten. Dies hatte für den bürgerlichen Kalender keine Bedeutung, da er ohnehin in einfachen Olympiadenjahren geführt wurde. Der nach 728 ndFl (= 152 v.Chr.) eingeführte "hinkende" Olympiaden-Kalender diente lediglich als Festkalender. Einen nahtlosen Übergang von einer Vierjahres- zu einer Achtjahres-Olympiade oder gar umgekehrt hat es nicht gegeben. Wie gesagt, erging es dem Achtjahres-Kalender wie dem vierjährigen Olympiaden-Kalender, der bereits im Jahre 676 ndFl abgeschafft werden musste, weil das Epagomenenjahr zu 375 Tagen entstanden war. Das Problem des Kalenders nach dem Jahre 728 ndFl war der Schalttag (siehe dazu das Kapitel Kalender und Chronologie in Band 1!). Ich möchte hier noch darauf hinweisen, dass die 50 Söhne des Aigyptos und die 50 Töchter des Danaos, die in der Unterwelt Wasser in ein Fass schöpfen mussten, das 100 Löcher hatte, ebenso in die Dichtung dieser Zeit gehören wie die 100 Augen des Argus: 50 Vollmonde in den 49 Monaten einer Vierjahres-Olympiade und 100 Vollmonde in den 99 Monaten einer Achtjahres-Olympiade. Schematische Darstellung: Synodischer und siderischer Monat Der Ve-Adar, ein Schaltmonat von 29 Tagen, wurde eingeschoben, wenn gegen Ende des 12. Monats keine Aussicht bestand, dass bis zum 16. Abib (Anm.: der erste Monat des Jahres) die Gerste geschnitten werden konnte, um sie als Erstlingsernte darzubringen.6 Es wird nirgendwo gesagt, wann dieser willkürlich eingeschobene Schaltmonat wieder herausgenommen wurde, was doch wohl geschehen sein müsste, wenn das Jahr nicht völlig aus den Fugen geraten sollte. Die Parallele zum olympischen Kalender mit 49 Monaten in 4 Jahren hat man nicht gesehen. Der jüdische Kalender hatte abwechselnd Monate zu 30 Tagen (6 x 30 = 180) und zu 29 Tagen (6 x 29 = 174), so dass man nach 4 x 12 Monaten auf 4 x 354 = 1416 Tage kam. Wenn also der Ve-Adar 29 Tage hatte, dann zählte das
Der synodische Monat müsste exakt 1445 : 49 = 29,49 und der siderische 1445 : 53 = 27,26 Tage lang gewesen sein. Das ist nicht abwegig; denn das Verhältnis der synodischen zu den siderischen Tagen stellt sich hierbei korrekt heraus nach der Formel atrop · tsyn 361,25 · 29,49 10653,2625
tsid = ------------ = --------------- = ---------- atrop + tsyn 361,25 + 29,49 390,74 tsid = 27,2643 Es gab außer dem Schaltmonat auch noch Schalttage im jüdischen Kalender, die jedoch zu einem späteren Kalender zu gehören scheinen. Wie wir gesehen haben, kam der "olympische" Kalender der Juden ohne weitere Schalttage aus. Im Gegensatz zum ägyptischen Kalender, der erst vier Jahre nach Typhon 4 eingeführt wurde (628 ndFl = Jahr 19 KNB = Jahr 1 äg.Kal.), begann die Zählung der Jahre im olympischen Kalender mit dem Jahr 624 ndFl, in dem die vierte Typhon-Katastrophe stattgefunden hatte. Die Rückdatierung lässt sich an späteren Beispielen noch gut erkennen, wenn die (spärlichen) Angaben im Olympiaden-Kalender mit den Datierungen im Sintflut-Kalender in Übereinstimmung zu bringen sind. Eine längere Beobachtungszeit ist bei allen Kalenderänderungen erforderlich, und somit bietet sich eine rückwirkende Datierung geradezu an. Ich erinnere hier an den byzantinischen Mönchsgelehrten Georgius Syncellus, der im neunten nachchristlichen Jahrhundert behauptete, der "Aufruhr des Usia" habe in dessen 48. (Regierungs-?)Jahr und im ersten Jahr der ersten griechischen Olympiade stattgefunden, und zwar "in den Tagen des Trojanischen Krieges". Obwohl ich weder die erste noch die letzte Angabe für richtig halte, glaube ich die Angabe hinsichtlich der ersten Olympiade. Der eine Aspekt des Aufruhrs des Usia, nämlich die vierte Typhon-Katastrophe, fand im ersten Jahr des Usia statt, während der andere Aspekt, der Einsturz des Siddimtales, wo heute das Salzmeer ist, also der Untergang von Sodom und Gomorra, in das 18. Jahr Usias gehört, in das Jahr 641 ndFl, in dem dieser jedoch bestenfalls Priester Asarja im Tempel gewesen sein kann, da zu jener Zeit ein anderer auf dem Thron von Juda in Jerusalem saß. Im 48. Jahr des Usia-Kalenders, im Jahre 671 ndFl, in dem Usia wahrscheinlich gar nicht mehr lebte, fand kein Aufruhr im Sinne von raash (= Erdbeben), wie die hebräische Bezeichnung an dieser Stelle lautet, statt. Der Trojanische Krieg wird von mir glaubhaft und einleuchtend auf 635/636 ndFl datiert, in dessen Tagen ebenfalls kein Erdbeben oder Aufruhr stattfand. Wenn man jedoch die noch bis 642 ndFl andauernden Kriege in Vorderasien zum "Trojanischen Krieg" dazu rechnen möchte, dann käme der Aufruhr des Jahres 641 ndFl noch in dessen Tage zu liegen. Die meisten astronomischen bzw. geodätischen Daten, die die Verhältnisse unmittelbar nach Typhon 4 betreffen, lassen sich nur von späteren Ereignissen oder Ergebnissen aus rekonstruieren. Um dem Leser die mit diesen Untersuchungen verbundenen astronomischen Überlegungen nicht zu erschweren, soll zuvor ein Astronomischer Exkurs unternommen werden. Ich möchte an dieser Stelle eine Pause einlegen, um Gelegenheit zu haben, dem astronomisch nicht so versierten Leser die Begriffe und Zusammenhänge zu erklären bzw. wieder in Erinnerung zu rufen, mit denen in den folgenden Betrachtungen operiert wird.7 Dass die Pole der Erde diejenigen Punkte sind, an denen die Achse austritt, um die die Erde einmal in 24 Stunden rotiert, ist gewiss am leichtesten einzusehen. Diese Achse, die nur eine gedachte Linie ist, endet nicht an den Polen, sondern sie verläuft weiter bis "in den Himmel". Dort, im Zenit über den Polen, berührt sie das Firmament an den so genannten "Himmelspolen". Am Nordhimmel liegt dieser Punkt zur Zeit in unmittelbarer Nähe des Polarsterns (Polaris). Wenn die Erdachse also im Raum verlagert wird - und nur dann -, was wegen ihrer Kreiselstabilität nicht leicht zu bewerkstelligen ist, dann weist sie auf andere Punkte am Firmament, und es ergeben sich andere Himmelspole, während sich die geografischen Pole auf der Erde nicht unbedingt verlagern müssen. Durch das Herumziehen des Erdmantels über den Erdkern wird, wenn dieser bzw. seine Achse stabil bleibt, die Lage der geografischen Pole in dem Maße verändert, wie sich die Erdoberfläche über die beiden Stellen hinweg bewegt, an denen die Achse aus dem Kern austritt. An der Lage der Himmelspole wird dadurch nichts verändert, solange die Achse immer auf die gleichen Himmelspole ausgerichtet bleibt. Die Bewohner der Nord- bzw. der Südhemisphäre müssen danach jedoch betroffen feststellen, dass "ihre" Himmelspole vertauscht wurden, und zwar exakt um 180°, gleichgültig, an welcher Stelle die geografischen (= Erdpole) nach dem Herumziehen gelandet waren. Deren Position muss nicht - es wäre reiner Zufall, wenn doch - genau um 180° von der vorigen verschieden sein; aber selbst eine von 180° abweichende Vertauschung der Erdpole führt - die Kreiselstabilität vorausgesetzt - nicht zu einer Verlagerung der Himmelspole am Firmament, wo auch immer sich die Erdpole geografisch befinden. Eine Verlagerung der Himmelspole bedeutet, dass sich die Erdachse im Raum verlagert haben muss. Grundsätzlich hatten wir daran festgehalten, dass dies wegen der Kreiselstabilität des rotierenden Erdkerns nicht möglich sei. So streng sollte man jedoch nicht sein. Einen gewissen Spielraum muss man dem Kern lassen, zumal eine Kreiseldrehung in 24 Stunden verhältnismäßig langsam ist. Zwar widersetzt sich die große Masse des Erdkerns hartnäckig einer gewaltsamen Achskippung; doch eine über einen Zeitraum von mehreren Tagen andauernde oder eine kurzfristige, möglicherweise sogar "ruckartige" Beeinflussung kann eine gewisse Achsverschiebung im Sinne einer Kippung auslösen. Die Erdachse steht auf der Äquatorebene der Erde natürlich senkrecht. Diese bildet einen Winkel mit der Ekliptik, das heißt mit der Ebene, in der die Umlaufbahn der Erde um die Sonne verläuft. Es leuchtet ein, dass die Achse der Ekliptik auf der Bahnebene senkrecht steht und ebenfalls zwei markante Himmelspole berührt, die man als den nördlichen und südlichen Ekliptikpol bezeichnet. Der Abstand des Himmelsnord- bzw. -südpols der Erdachse von dem jeweiligen Ekliptikpol entspricht der Neigung der Erdachse gegen die Ekliptikachse bzw. der Äquatorebene gegen die Bahnebene (die Schiefe der Ekliptik; ihr derzeitiger Wert beträgt im Mittel: 23° 26' 54"; am Himmel werden alle Abstände in Bogengraden gemessen). Diejenigen Breitenkreise auf der Erde, deren Werte der Schiefe der Ekliptik entsprechen, nennt man Wendekreise, weil die Sonne hier an den Solstitien, den Sommer- bzw. Winteranfängen, ihre Zenitposition erreicht und sich wieder in die andere Richtung wendet. Den nördlichen Wendekreis erreicht die Sonne, wenn sie im Sternbild des Krebses steht, den südlichen, wenn sie sich im Sternbild des Steinbocks aufhält. Das Gebiet um den Äquator, das zwischen diesen beiden Wendekreisen liegt, nennt man die Tropen (nach dem altgriechischen Wort für wenden). Nur in den Tropen kann die Sonne im Zenit stehen, und zwar zweimal im Jahr. Die Pendants zu den Wendekreisen sind die Polarkreise, die im selben Abstand um die Pole angeordnet sind wie die Wendekreise um den Äquator. Ihre Werte in Breitengraden entsprechen 90° minus 23° 26' 54" (= Schiefe der Ekliptik) = 66° 33' 06". Wenn die Sonne im Zenit des nördlichen Wendekreises (des Krebses) steht, dann wird die ganze Polarzone innerhalb des nördlichen Polarkreises (die Arktis) von der Sonne beschienen, während die Zone innerhalb des südlichen Polarkreises (die Antarktis) in vollständiger Nacht liegt. Bewegt sich die Sonne wieder auf den Äquator zu, dann wird der Kreis, in dem die Polarsonne nicht untergeht, in dem also der normale Wechsel von Tag und Nacht nicht stattfindet, immer kleiner, bis er bei der Tag-Nachtgleiche auf den Pol (90°) geschrumpft ist. Von nun an wird der Kreis der Polarnacht von Tag zu Tag größer, bis er, sobald die Sonne im Zenit über dem südlichen Wendekreis (des Steinbocks) angelangt ist, den nördlichen Polarkreis erreicht hat. Wie kommt es aber zu diesem "Pendeln" der Sonne zwischen den Wendekreisen? Während des Umlaufs der Erde um die Sonne bleibt die Achse immer auf den Himmelspol ausgerichtet, so dass sie während eines Jahres vier markante Positionen zur Sonne einnimmt, die jede den Beginn einer bestimmten Jahreszeit markiert. An den Frühlings- und Herbsttagnachtgleichen, mit denen diese Jahreszeiten beginnen, bildet die Erdachse mit dem Radius der Erdbahn einen rechten Winkel, und die Sonne steht über dem Äquator senkrecht, dort also im Zenit. An den Sommer- bzw. Wintersonnwenden bildet die Erdachse dagegen mit dem Erdbahnradius einen Winkel, der dem Neigungswinkel der Erdachse gegen die Ekliptikachse bzw. der Äquatorebene gegen die Ekliptik entspricht. Jetzt steht die Sonne senkrecht über dem Wendekreis auf der Sommerseite (im Zenit), während die Sonne am winterseitigen Wendekreis auf der tiefsten Position des Jahres steht. An den Tagnachtgleichen wird eine vollständige Erdhälfte vom Nordpol bis zum Südpol von der Sonne beschienen. Das bedeutet, dass an allen Punkten auf der Erde, einschließlich der Polargebiete, zwölf Stunden Tag und zwölf Stunden Nacht herrschen. An den Solstitien ist der Sonnenschein vom Polarkreis der einen Halbkugel bis zum Polarkreis der anderen in der Weise verteilt, dass nur ein Pol vom Licht getroffen wird, und zwar liegt dessen Polarzone (das ist das Gebiet innerhalb des Polarkreises) ganz im Tageslicht. Der andere Polarkreis wird nur vom Licht berührt, und deshalb liegt dessen Polarzone völlig im Schatten. Wird nun die Erde durch eine Bahnstörung aus ihrer Umlaufbahn hinaus nicht nur in eine größere oder kleinere Entfernung von der Sonne transportiert, sondern auch noch in eine andere Umlaufebene, dann ändern sich natürlich die Positionen der Ekliptikpole am Himmel. Bleibt die Raumlage der Erdachse dabei stabil, dann ändern sich die Himmelspole nicht, wohl aber die Schiefe der Ekliptik, der Umlaufebene, die jetzt einen anderen Winkel mit der Äquatorebene bildet. In den meisten Fällen wird eine Veränderung beider Pole bei einer Bahnstörung eingetreten sein, also sowohl eine Achsverlagerung im Raum als auch eine Kippung der Bahnebene. Eine zwangsläufige Folge der Erdrotation ist die Aufrichtung der Erdachse. Jeder Kreisel, der während seiner Rotation gekippt wurde, will sich aufrichten und beschreibt dabei einen Kreis (besser gesagt: eine immer enger werdende Spirale) um die Senkrechte. Diesen Vorgang bezeichnet man als Präzession (lat. für Voranschreiten). Dabei ist die Tendenz zur Aufrichtung einer Kreiselachse am Anfang, wenn die schiefe Achse am weitesten von der Senkrechten entfernt ist, am größten. Für die Erdachse ist die Ekliptik die Basis, auf der sie senkrecht stehen kann und will; denn lediglich aus der Umlaufbewegung der Erde um die Sonne kann sie die Impulse für ihre Aufrichtung beziehen, die eine Kreiselachse auf der Erdoberfläche von der Erdanziehung erhält. Die Erdachse beschreibt im Verlaufe von 25.786 Jahren am Himmel einen Kreis (eine enge Spirale) um den Ekliptikpol mit einem Radius von 23° 26' 54" (heutiger Mittelwert der Ekliptikschiefe). Es kommt dadurch zu einer allmählichen Verlagerungen der Schnittlinie zwischen Ekliptik und Äquatorebene der Erde, wodurch sich wiederum der Frühlings- und der Herbstpunkt, also die Schnittpunkte von Ekliptik und Himmelsäquator am Himmel, ständig verlagern. Diese Bewegung bezeichnet man als Voranschreiten des Frühlingspunktes oder als Äquinoktial-Präzession. Die Äquinoktien sind die Frühlings- und Herbst-Tagnachtgleichen. Pro Jahr macht diese Bewegung derzeit nur 50,26" aus, hochgerechnet auf 60 Jahre 50,26', auf 3600 Jahre 50,26° und auf 1000 Jahre ungefähr 14°. Mithin ist der Himmelspol in den vergangenen rund 1900 Jahren seit der Xerxesnacht (152 v.Chr. plus realiter nur 1762 Jahre bis 2006), seitdem die Ebene der Ekliptik (Erdbahnebene) nicht mehr gewaltsam verändert worden ist, um ca. 26° auf dem Kreis, den die Erdachse am Himmel beschreibt, gewandert. Durch eine derartige Drehung der Erdachse im Raum um die Ekliptikachse wird die Neigung der Erdachse gegen die der Ekliptik nur allmählich (durch die Aufrichtungstendenz der Erdachse) verändert, die Wendekreise bleiben also für sehr lange Zeit auf ihren Breitengraden liegen. Es ändert sich lediglich die Lage der Himmelspole, die auf besagtem Kreis um den Ekliptikpol wandern. Es steht noch eine Erklärung der Schulwissenschaft dazu aus, wann, wodurch und um wieviel die Erdachse schief gestellt worden ist. Bezogen auf das Alter der Erde müsste diese sich schon ein paarmal um sich selbst gedreht haben, wenn nur der heute noch sehr kleine Wert immer gültig gewesen wäre. Damit ist natürlich nicht die tägliche Achsdrehung gemeint, sondern die Aufrichtung der Erdachse in die Senkrechte auf der Erdbahnebene (und wieder darüber hinaus, was natürlich physikalisch absurd wäre). Es muss logischerweise in historischer Zeit zu der letzten Schiefstellung gekommen sein, da ein weit zurückliegendes Kippen schon längst wieder zu einer Senkrechtstellung geführt haben müsste. Dass die Achse schon bei früheren Anlässen eine schiefe Stellung bekommen haben kann, aus der sich dann ebenfalls Aufrichtungsbestrebungen ergaben, bleibt selbstverständlich diskutabel. Ja es ist überhaupt nicht von der Hand zu weisen, dass die Achse schon vor Typhon 1 Schiefstellungen eingenommen hatte, die durch solche weiter zurückliegenden Ereignisse verursacht wurden. Das beantwortet die Frage, wieso die Erdachse überhaupt schief steht, wenn sie sich so sehr dagegen sträubt und sich wieder aufrichten will. Allein von Typhon brauchen die Schiefstellungen nicht ausgelöst worden zu sein; denn die anderen Planeten, die nicht unbedingt mit Typhon ins Gehege gekommen zu sein brauchen, haben ebenfalls schief stehende Achsen. Während wir über die Lage der Himmels- und Ekliptikpole vor der Sintflut keinerlei Informationen besitzen, könnten wir die Lage des vortyphonischen Himmelspols unter Umständen aus einer Rekonstruktion der Lage des Sternbildes Argo (des "südlichen Himmelsschiffes") berechnen. Darauf kann hier aber nicht weiter eingegangen werden. Die astronomischen Auswirkungen der Katastrophe Deutliche Beweise dafür, dass Typhon eine Vertauschung des Nord- und des Südhimmels bewirkte, liefern Darstellungen des Himmels vor und nach der Katastrophe, deren Entstehung in die ersten Jahre nach der vierten Typhon-Katastrophe fällt. Nur Zeitgenossen dieser Veränderungen können beide Himmel gesehen haben. Wenn uns auch die Symbole, die die Ägypter mit den Sternbildern verbanden, nicht alle bekannt vorkommen - die Zusammenfassung der Sterne zu Bildern und deren Bezeichnungen weichen von den heute gebräuchlichen Sternbildern teilweise ganz erheblich ab -, so lässt sich doch schon allein an der Wiedergabe von zwei unterschiedlichen Himmelshemisphären erkennen, dass hiermit ein Nord- und ein Südhimmel gemeint sein sollen. Es ist argumentiert worden, dass diese gleichzeitige Sicht auf beide Himmelshalbkugeln, die sich in ähnlicher Form auch in unseren heutigen Atlanten findet, nichts anderes zu bedeuten habe, als dass man damals Afrika umrundet habe und somit auch den Südhimmel gekannt haben müsse, mithin auch solche Sternbilder, die von Ägypten aus nicht sichtbar sind, da es ja auf der Nordhalbkugel der Erde liegt. Ich bin aber der Ansicht, dass die Erstumsegelung Afrikas in einer späteren Zeit erst stattfand. Bedenkt man zudem, dass Ipuwer das "südliche Schiff in Wirren" sah, dann ist die Annahme durchaus legitim, dass sich vor Typhon 4 der heutige Südhimmel über der heutigen Nordhalbkugel der Erde befand. Eine Darstellung zweier Himmelshemisphären befindet sich zum Beispiel als Deckengemälde im Grab des Sen(en)mut, des mutmaßlichen Onkels, bestimmt aber eines Zeitgenossen der Hatschepsut vor und nach der Katastrophe. Es ist schon eine eigenartige Vorstellung, dass mehr als zwanzig Generationen nach der Sintflut auf der heutigen Nordhalbkugel nie den Großen und den Kleinen Bären zu sehen bekamen. Dafür konnten sie über dem Mittelmeer das "südliche Schiff" beobachten, von dem der an anderer Stelle bereits zitierte Temple sagt8, es habe der Navigation und der Geodäsie im Altertum gedient. Ich möchte - ohne einen exakten Beweis dafür antreten zu können - behaupten, dass die Sternbilder überwiegend von den Menschen im Altertum unter Aspekten der Orientierung zusammengefasst und entsprechend der sich daraus ergebenden Umrissgestalt benannt wurden; denn abgesehen von einigen sehr typischen Sternbildern wie Löwe und Wagen, die an die Gestalt eines Löwen oder eines Wagens erinnern, oder so auffälligen Sternbildern wie Orion, Kassiopeia oder Kreuz des Südens, gehört doch bisweilen sehr viel Phantasie dazu, sich unter den Bezeichnungen der Sternbilder genau das vorzustellen, was sie darstellen sollen. Ins Auge fallend als ein zusammenhängendes Sternbild ist das Schiff oder die Argo auf keinen Fall. Benutzt man aber einzelne Sterne aus diesem Bild als Punkte eines Orientierungssystems, so kann deren Zuordnung als Schiff gesehen werden, und außerdem gäbe es kaum eine bessere Bezeichnung dafür, wenn es als Navigationshilfe für die Schiffsfahrer diente. Die von Ipuwer benutzte Benennung südliches Schiff ist meines Erachtens dem modernen Sprachgebrauch entnommen und nicht von ihm im Originaltext verwendet worden. Heute liegt zwar das Schiff auf dem Südhimmel; damals hatten die Einzelsterne aber vermutlich genau dieselben Koordinaten im Himmelssystem wie die zu ihnen gehörenden Mittelmeerhäfen im geodätischen System. So war dieses Sternbild eine "Seekarte" des Mittelmeeres. Der "Steuermann" der Argo, Canopus, ist der hellste, der Hauptstern (= alpha Argus) dieses Bildes und er steht gewiss an derjenigen Stelle auf der "Seekarte", wo auf der Erde die Stadt Canopus lag. Der Steuermann der Argo, mit der die "sagenhaften" Argonauten nach Kolchis segelten, hieß ebenfalls Canopus. Das antike Canopus (= Kanubis; etwa Ka-Anubis zu lesen?) ist meines Erachtens das heutige Rosetta nahe Alexandria in Unterägypten, das seinerseits möglicherweise aus Canopus hervorgegangen ist. Hier, einige Kilometer östlich des modernen Alexandria, lag vermutlich auch das antike, das von Alexander dem Großen lediglich ausgebaut und umbenannt, nicht jedoch völlig neu von ihm gegründet wurde. Die Abbildung des vortyphonischen Nordhimmels, der heute weitgehend ein Südhimmel ist, ist so, wie sie im Senmut-Grab vorliegt, ungenau. Der an gleicher Stelle dargestellte nachtyphonische Nordhimmel, der so gut wie ganz dem heutigen entspricht, lässt erkennen, dass der Himmelspol von Anfang an nicht an der heutigen Stelle lag. Er befand sich im Sternbild des Großen Bären, das die Ägypter die Lende des Ochsen nannten. Nach allem, was bisher zur Definition der Himmelspole gesagt wurde, kann nur durch eine oder mehrere abrupte Verlagerung(en) der Erdachse im Raum eine Veränderung der Lage der Himmelspole erklärt werden. Da nach meiner Meinung Typhon seinen letzten Auftritt im Jahre 624 ndFl hatte, so können ihm diese späteren Veränderungen nicht mehr angelastet werden. Der Leser vermutet richtig, wenn er jene nachtyphonischen Himmelspolverlagerungen, die in die Jahre 676 (der scheinbare Sonnenstillstand unter Josua usw.) und 728 ndFl (die Xerxesnacht) gehören und auf die ich schon mehrmals hingewiesen habe, mit diesen Ereignissen in Verbindung bringt. Letzter Stand: 31. Juli 2014
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