Siebtes Buch: 642 bis 656 ndFl
Quellen zu Chatti und Ägypten Über die Aktivitäten der Chatti im syrischen Vorland zu Ägypten in den Jahren 651 und 652 ndFl geben uns mehrere Quellen Auskunft. In erster Linie sind es die Amarnabriefe und die hethitischen "Boghazkoi-Texte", die sich gegenseitig ergänzen; aber auch jene Schrift des Mursilis II, des Sohnes des Suppiluliumas, die unter dem Titel Die Taten meines Vaters Suppiluliumas in die Geschichtswissenschaft Eingang gefunden hat, und nicht zuletzt das AT parallel mit den assyrischen Inschriften liefern uns wertvolle Hinweise auf die Ereignisse dieser Zeit. Die Amarnabriefe sind nur schwer zu interpretieren, besonders hinsichtlich ihrer richtigen Reihenfolge, und es ist äußerst schwierig, sie korrekt zu datieren. Eine genaue Rekonstruktion der Geschichte ist in dieser Phase trotz des reichlich vorhandenen Materials problematisch, zumal gerade die Amarnabriefe starke Beschädigungen aufweisen. Doch auch die anderen Texte sind nicht frei von Möglichkeiten, falsch gedeutet zu werden. So ist ein wichtiger Hinderungsgrund, eine glaubhafte Synchronizität herzustellen, das Fehlen einer internationalen Datierung verbunden mit der Scheu, Verbündete beim Namen zu nennen. Schenkte man schon den Feinden nicht immer die Ehre, namentlich erwähnt zu werden, so vermied man es umso eifersüchtiger, die Verdienste von Bundesgenossen zu würdigen. Stattdessen heftete man das ganze Verdienst an die eigenen Fahnen. Die Texte Amarna, Boghazkoi und Mursilis II werden konventionell untereinander synchron eingeordnet, sie werden jedoch nicht mit dem AT und den assyrischen Inschriften in Verbindung gebracht, die um Jahrhunderte später angesetzt werden. Durch die Verkennung der verschiedenen Identitäten einerseits und der Reihenfolge der Amarna-Korrespondenten Nimmuria und Napchuria andererseits, hauptsächlich aber durch die unglückliche Gleichsetzung von Napchuria mit dem schon längst nicht mehr in Ägypten anwesenden "Echnaton" ist bei der Beurteilung der Amarnabriefe nicht nur eine zeitliche Verzerrung entstanden, sondern es sind auch die zu dieser Zeit regierenden Pharaonen nicht richtig erkannt worden. Außerdem wurde nicht bedacht, dass Pharaonen ohnehin nicht mit dem Hickhack, der den Inhalt der Amarnabriefe überwiegend ausfüllt, befasst wurden. Das war Sache der Gau- oder Vizekönige. In der konventionellen Geschichtsdarstellung ergibt sich aus diesen Texten ein Bild, das mehr Fragen aufwirft als es beantwortet. Durch die berichtigte Chronologie wird nicht nur vieles einfacher, sondern es können jetzt auch solche Berichte herangezogen werden, die in der konventionellen Chronologie durch größere Zeitspannen voneinander getrennt erscheinen. Ich will versuchen, eine einleuchtende und chronologisch richtige Rekonstruktion aus den genannten Quellen zu erstellen. Dazu vergegenwärtigen wir uns zunächst noch einmal die Reihenfolge der ägyptischen Unterkönige in Achet-Aton: Bis 648 ndFl führte der König mit dem schönen Antlitz die Korrespondenz mit den Stadtfürsten in Amurru-Kanaan, und zwar entweder von Achet-Aton oder von Saïs im Delta aus; denn möglicherweise handelt es sich um eine Frau, und dafür wäre Hatschepsut, die Mutter des amtierenden Pharaos Amenophis II Acheperure, geeignet, die ihre Residenz nicht in Achet-Aton, sondern in Saïs hatte. Von hier sind Korrespondenzen nachweislich geführt und dennoch in Achet-Aton archiviert worden. Die Annahme, es könne sich um deren "schöne" (ägypt.: nefer) Schwester Nofretete handeln, hat nur eine geringe Wahrscheinlichkeit für sich. In seinem Brief Nr. 165 an einen nicht namentlich genannten Adressaten spricht Aziru diesen König an, der durchaus ein Mann gewesen sein kann. Gesichert ist hier nichts, noch nicht einmal das Geschlecht. Bezeichnend ist, dass Aziru sich in diesem Brief noch als loyaler Diener der Ägypter erweist, der sich vor den Chatti fürchtet, die in Nuchasse sitzen, "nur zwei einfache Tagesreisen bis nach Tunip". Aus diesem Grund möchte ich diesen Brief in eine Zeit einordnen, als die Chatti den ersten Versuch unternahmen, Aleppo/Nuchasse zu erobern (644 ndFl). 648-650 ndFl: Napchuria = Taharka Neb-cheru-Re Amtszeit A; mit ihm korrespondiert Burnaburiasch. Es herrscht Friede zwischen den Großmächten. 650-651 ndFl sitzt der König des Kampfes, wie Rib-Addi ihn nennt, auf dem Thron in Achet-Aton. Er ist nicht nur der Dudu einiger Amarnabriefe, sondern auch Thuti, der Heerführer, Neffe und Schwiegersohn des Manachpiria, ein Sohn des Kamose = Echnaton II mit Ragma, einer Tochter des Chus = "Thutmoses I" und der Mutter von Saba und Dedan. 651-652 ndFl: Schabataka, der Sohn des vorigen Gaufürsten in Achet-Aton und Enkel des Manachpiria. Er sitzt auf dem Höhepunkt der Eskalation auf dem Thron: sowohl die Chatti als auch die Fürsten in Amurru-Kanaan begehren auf, und die ägyptentreuen Stadtfürsten bitten um dringende Unterstützung mit Waffen und Lebensmitteln. Nach dem Tode des Amenophis II Acheperure streiten sich die Sethariden aus der Anubis-Familie und die Ptah-Ramessu (= "Ptolemäer") aus der Familie des Achmose - nicht zum ersten Mal - um die Thronfolge. Die Amun-Priester wählen den verdienten Feldherrn Thutmoses Mencheperre aus der Setharidenlinie als Nachfolger des Ptah-Ramses Amenophis. Der Gemahl der Hatschepsut wird zum Nachfolger des Sohnes der Hatschepsut. Der Sohn des neuen Pharaos aus der Ehe mit Hatschepsut wird Gaukönig in Achet-Aton: 652-663 ndFl: Nimmuria = Neb-maat-Re. An ihn gehen die Hilferufe kurz vor und nach dem Einfall der Chatti ins ägyptische Hoheitsgebiet. Neue Spannungen zwischen Chatti und Ägypten (651 ndFl) Auf chattischer Seite kommt ganz eindeutig Suppiluliumas, dem Sohn des Kurigalzu-Tudhaliyas, die Führungsrolle zu, obwohl sein Vater noch lebt. In den letzten Jahren (649 - 651 ndFl) hatte sein älterer Halbbruder Burnaburiasch = Arnuwandas = Pharnaspes noch regelmäßigen Briefverkehr mit Napchuria, dem Sohn des Amenophis, in Achet-Aton gepflegt. Diese Korrespondenz muss logischerweise zu einem früheren Zeitpunkt gesehen werden als die Angriffe der Hethiter auf das ägyptische Hoheitsgebiet. Folglich muss die Korrespondenz der hethitisch-kassitischen Provinzkönige mit Achet-Aton spätestens im Jahre 652 ndFl abgebrochen worden sein, eher sogar schon Ende 651 ndFl. Die Chatti machten vermutlich schon 651 ndFl gemeinsame Sache mit den in Amurru bzw. Kanaan wirkenden Rebellen der Los-von-Ägypten-Bewegung, was Tudhaliyas-Kurigalzu etwa zwei Jahre zuvor noch ganz entschieden von sich gewiesen hatte (Brief Nr. 9 des Burnaburiasch an Napchuria, siehe weiter oben), wie wir auch glauben dürfen. Es gibt indes auch Hinweise darauf, dass die Hethiter noch kurz bevor sie feindselig in ägyptisches Hoheitsgebiet einfielen als Verbündete der Ägypter gegen die Rebellen auftraten. Die von den Chatti verdeckt vorgenommenen Unterstützungen der Unruhen im Jahre 651 ndFl finden ihren Niederschlag auch in einigen Amarnabriefen, da diese überwiegend in diese Zeit gehören, und davon die meisten sogar in die Zeit nach dem 17. Feldzug Manachpirias, der entgegen der Ansicht Breasteds keineswegs zu einem endgültigen oder auch nur längerfristigen Erfolg der Ägypter in der Region Syrien-Amurru-Kanaan geführt hat. Er war lediglich Höhepunkt und Abschluss der Feldherrn-Karriere Manachpirias, der im Jahr darauf (in seinem 43. Jahr 652 ndFl) überhaupt erst Pharao wurde, als welcher er keine Feldzüge mehr zu führen brauchte. Haupträdelsführer der Rebellion in Kanaan, die den Zweck verfolgte, das alte David-Reich wieder aufzurichten, waren zwei von Ägypten abtrünnig gewordene Statthalter, die in den EA-Briefen die Namen Abdi-Aschirta und Aziru tragen. Bei dem ersteren handelt es sich um einen Sohn Davids I, den ich in den Richter- und David-Kapiteln bereits vorgestellt habe, um Jethream bzw. den "Abiesriter Joas", und bei dem anderen um dessen Sohn, der im Richter-Buch als einer der Gideons erscheint, und zwar als der dritte. Die Reaktionen der Ägypter auf die Aktivitäten der Rebellen waren die jährlichen Feldzüge. Den Anlass zum 17. Feldzug des Manachpiria sieht Breasted wie folgt1: So empfindlich die syrischen Fürsten auch gezüchtigt worden waren - sie dachten nicht daran, ihre Unabhängigkeit endgültig aufzugeben. Von der Stadt Kadesch, Thutmoses' alter Feindin, aufgestachelt, erhoben sie sich nochmals zu einem letzten gemeinsamen Versuch, die starke Hand des ägyptischen Königs abzuschütteln. Ganz Naharina, besonders der König von Tunip und auch einige von den nördlichen Küstenstädten, waren dem Bündnis beigetreten. Thutmoses war jetzt ein alter Mann geworden und hatte wahrscheinlich das 70. Jahr schon überschritten, aber mit der gewohnten Schnelligkeit erschien er mit seiner Flotte im Frühling des Jahres 42 (= 610 + 41 = 651 ndFl) an der syrischen Küste. Es war sein siebzehnter und letzter Feldzug, wie sein erster gegen den Erzfeind Kadesch gerichtet. In Kadesch saß damals der Staatsfeind Nr. 1 der Ägypter, der aus den Amarnabriefen bekannte Sohn des Schutarna: Aitugama, auch Etakama oder Itatkama geschrieben, der meines Erachtens mit dem Tou von Hamath aus dem AT (= Ai-Tou-Chamath? 2. Sam. 8,9; 1. Chron. 18,9) identisch ist. "Die große Hamath" lag wie die Hauptstadt Kadesch im Libanongebiet (Orontestal); möglicherweise waren beide Städte "synoikistisch", das heißt wirtschaftlich vereint wie viele andere Orte in dieser Gegend damals auch (vgl. Beth-El und "seine Ortschaften"). Außerdem hieß das ganze Land, zu dem die Stadt Kadesch gehörte, "Land Hamath".
Auch der Herr von Tunip, Aziru, gilt in den Amarnabriefen als ein rebellischer Fürst. Unglücklicherweise werden diese Briefe aber über hundert Jahre später als Thutmoses III gesehen, ganz zu schweigen von Tou von Hamath, der als ein Zeitgenosse des David konventionell erst dreihundert Jahre später angesetzt wird. Wenn David im Buch Samuel gegen den Hadadeser vom Aram-Zoba zu Felde zieht und mit Tou von Hamath verbündet ist, dann schlägt sich das in den Amarnabriefen als Vorgehen des Teuwatti von Lapana (= David II) gegen Rib-Addi vom matuZubaru nieder. Hierauf komme ich weiter unten ausführlich zurück. Um es noch einmal zu sagen: Thutmoses war tatsächlich ein alter Mann von 71 Jahren geworden, womit Breasted richtig liegt; aber "mit gewohnter Schnelligkeit" fasste er wohl nur noch seine Entschlüsse, während sein Heer von seinem Schwiegersohn Schabaka, dem "König des Kampfes" aus den Rib-Addi-Briefen, und seine Flotte von Admiral Nebamun oder auch von Amanappa geführt wurde. Wenn er auch noch kein Pharao war, so hatte er es doch nicht mehr nötig, sich den Strapazen eines Feldzuges auszusetzen. Breasted fährt fort: Er isolierte ihn diesmal dadurch, dass er von Norden her anrückte und Tunip zuerst einnahm. Dann zog er den Orontes aufwärts bis nach Kadesch und verwüstete die Städte der ganzen Umgebung, ohne dass irgendein Zwischenfall ihn störte. Der König von Kadesch wusste wohl, dass alles verloren war, wenn er nicht Thutmoses' Heer besiegte. Er bot verzweifelten Widerstand, aber trotz einer Kriegslist verlor er die Schlacht vor seiner Stadt. Ob Kadesch tatsächlich völlig zerstört wurde, ist hieraus nicht zu entnehmen. Eher sieht es so aus, als sei Kadesch verschont geblieben im Gegensatz zu den Städten in der Umgebung. Die Schlacht wurde zwar verloren, doch vor der Stadt, und daraus darf nicht auf ihre Einnahme geschlossen werden. Bei dem Herrn dieser Stadt kann es sich nur dann um Aitugama gehandelt haben, wenn dieser seine Niederlage überlebte; denn später tritt er wieder auf und verbündet sich mit den Hethitern gegen Ägypten. Es ist weniger plausibel, dass Manachpiria jetzt erst den loyalen Aitugama als Rabis (= Oberstatthalter) in Kinza-Kidscha-Kadesch einsetzte. Dessen Übertritt zu den Gegnern Ägyptens hat viel wahrscheinlicher schon vor dem 17. Feldzug stattgefunden. Aus hethitischen Texten geht hervor, dass Suppiluliumas sich der ganzen Familie des Aitugama in Kadesch bemächtigte. Dass dies schon im Zusammenhang mit dem 17. Feldzug des Manachpiria stand, ist ebenfalls nicht wahrscheinlich, was ich weiter unten erläutern werde. Zu der Zeit des 17. Feldzuges (651 ndFl) waren die Chatti vermutlich noch Verbündete der Ägypter. Manachpiria würde die Beteiligung fremder Mächte an seinen Siegen jedoch niemals in Stein meißeln lassen. Zu den turbulentesten Jahren dieses Jahrhunderts zählt mit Sicherheit das Jahr 651/652 ndFl (= 229/228 v.Chr.), in welchem der Konflikt zwischen Chatti und Ägypten wieder offen ausbricht. Es kommen aber auch im Rücken der Chatti neue Probleme auf, und zwar mit Medien-Mitanni. Hierüber werden wir durch den Brief Nr. 54 des Akizzi von Katna unterrichtet, der sehr wahrscheinlich an Nimmuria gerichtet ist. Damit gehört dieser Vorfall schon in das Jahr 652 ndFl, in welchem die Chatti das Land Amka überfallen. Für den Hethiterkönig bedeutet das aufkommende Problem mit den Medern, dass er bald an zwei Fronten Krieg zu führen hat. Der 17. Feldzug gehört in die ersten Monate des Jahres 651 ndFl. Danach war noch viel Zeit für die Ereignisse, die sich bis ins Frühjahr 652 ndFl abgespielt haben müssen. Dazu gehörte meines Erachtens auch der erste Aleppo-Zug des Suppiluliumas: Erster Aleppo-Zug des Suppiluliumas (651/652 ndFl) Der neue Konflikt mit Ägypten begann, wie aus den Briefen hervorgeht, mit einem Einfall der Chatti unter der Führung des Suppiluliumas in Nuchasse, mithin auf die alte Hethiterstadt Aleppo, in der Adad-narari als ägyptischer Statthalter residierte. Wir dürfen erwarten, dass von hier ein Hilferuf nach Ägypten ausging: Brief 51: Zu der Sonne, dem König, meinem Herrn, dem König von Ägypten, sprach also Addu-nirari, dein Diener: Zu den Füßen meines Herrn fiel ich nieder. Siehe, als dein Großvater Manachpiria, König von Ägypten, Taku (= Astyages), meinen Großvater, in Nuchasche zum König machte und Öl auf seinen Kopf tat, da sprach er so: Denjenigen, welchen der König von Ägypten zum König gemacht hat, auf dessen Kopf er Öl getan hat, soll irgendeiner nicht stürzen. (Es folgen zerstörte Stellen.) Taku, mein Großvater, ... und jetzt, o Herr, hast du ... und der König von Chatti hat gegen ... o Herr, Tafeln (= Briefe) und ... und an den König von Ägypten ... ... ... Vergiss nicht, dass für die Diener ist Treue gegen meinen Herrn ihr Ziel. Und wenn mein Herr nicht selbst ausziehen will, dann möge mein Herr einen seiner Räte mit Kriegern und Wagen schicken. Dieser Brief kann weder an Napchuria noch an Nimmuria gerichtet worden sein; denn Napchuria-Taharka befindet sich inzwischen im Süden, und Nimmuria ist der Sohn und nicht der Enkel des Manachpiria und sitzt noch gar nicht auf dem Thron des (Vize-)Königs von (Unter-)Ägypten in Achet-Aton. Der Brief bezeichnet eine Situation, in der die Chatti in die ägyptische Provinz Nuchasse einfallen, also in das Land zwischen dem Kaukasus und Aleppo im weitesten Sinne. Der Brief Nr. 51 kann daher nur in einer Zeit geschrieben worden sein, in der folgende Bedingungen erfüllt waren: 1. Der in Achet-Aton residierende Gaukönig von (Unter-) Ägypten ist ein Enkel des Manachpiria und zuständig für die Interessen Ägyptens in Amurru-Kanaan und Nuchasche. Nimmuria sitzt demnach hier noch nicht. 2. Derzeitiger König von Oberägypten (= "melucha") kann Manachpiria sein, der Astyages zum König von Nuchasse gesalbt hatte, als er selbst nur König von Unterägypten war, das heißt Vizekönig und oberster Feldherr des Acheperure in Saïs. 3. Der König in Achet-Aton ist der Oberherr Addu-niraris, der sich seinerseits in diesem Brief nicht als "König von Assyrien" bezeichnet. 4. Addu-nirari hat ein getrübtes Verhältnis zum König von Chatti; es ist höchst unwahrscheinlich, dass Adad-narari sich überhaupt noch im Machtbereich der Chatti aufhält. 5. Zwischen Chatti und Ägypten besteht gleichfalls ein gespanntes Verhältnis, was auf die Zeit nach dem 17. Feldzug hindeutet, was aber noch vor dem eigentlichen Überfall der Chatti auf ägyptisches Gebiet eingetreten sein muss. Diese Konstellation hat es nur geben können in der letzten Hälfte des Jahres 651 ndFl oder zu Beginn des Jahres 652 ndFl, in dem der Pharao starb und die Interessen des Feldherrn Manachpiria, der vermutlich mittlerweile gar nicht mehr in Saïs-Tanis residierte, auf die Erlangung des Pharaonenthrones gerichtet waren. Die Residenz Saïs, in der er auch als Smendes oder Scheschonk bekannt war, dürfte Manachpiria einige Zeit nach seinem 17. Feldzug aufgegeben haben, um nach Theben zu gehen, wo er wenige Monate später (Mitte/Ende 652 ndFl) Pharao Thutmoses IV wurde. Dass er die Thronansprüche des Napchuria-Taharka, der sehr wahrscheinlich von seinem Vater Acheperure, des "Sohnes einer Nubierin", nach Nubien = Äthiopien versetzt worden war, dabei offensichtlich überging, kann zu dem Ausbruch der Feindseligkeiten zwischen Chatti und Ägypten in diesem Jahr beigetragen haben. Bezeichnend ist die Selbstdarstellung Addu-niraris als eines "getreuen Dieners", der sich um das Land des Königs, der "Sonne", Sorge macht, und der ebenso eindringlich wie Rib-Addi - zum Teil sogar mit denselben Worten - um die Entsendung von ägyptischen Hilfstruppen nachsucht. Eine solche Rolle kann Adad-narari niemals unter der Oberherrschaft der Chatti gespielt haben. Es ist auch undenkbar, dass Adad-narari mit ganz Assyrien zu Ägypten abgefallen sein soll. Es kann nur so gewesen sein, dass Adad-narari unter ägyptischer Oberhoheit Statthalter von Nuchasse war, eines Territoriums, dass die Chatti im Jahre 644 ndFl nach der Vertragserneuerung an die Ägypter abgetreten hatten und das folglich außerhalb von Groß-Cheta lag. Dass sein Namensteil Narari mit der Bezeichnung Naïri-Länder für die Nordprovinzen zusammenhängt, möchte ich nicht behaupten. Nach allem, was wir bisher über Adad-narari in Erfahrung gebracht haben, können wir ihn bei dem Unternehmen des Suppiluliumas gegen Aleppo im Jahre 651 ndFl nicht auf der Seite der Chatti erwarten. Beim Einfall des Suppiluliumas in Nuchasse (Aleppo?) floh er vermutlich mit den übrigen Königen aus dieser Region zu Akizzi von Katna, worauf ich weiter unten zurückkomme. Im Jahre 653 ndFl wird er sogar siegreich gegen die Hethiter zu Felde ziehen - allerdings nicht für die Ägypter, sondern für sich selbst. Es wird bei der Betrachtung der Amarnabriefe deutlich, dass die Briefe des Rib-Addi zum weitaus überwiegenden Teil - sie machen ohnehin etwa ein Fünftel der insgesamt gefundenen Amarnabriefe aus - in diese Zeit gehören, so dass der von Addu-nirari angesprochene Enkel des Manachpiria durchaus auch einer der Korrespondenten des Rib-Addi in Achet-Aton gewesen sein kann, so wie es der Vater dieses Enkels ebenfalls war, ich meine den nur von Rib-Addi so angesprochenen König des Kampfes. Die letzten Feldzüge, derer sich Manachpiria inschriftlich rühmt, wurden vermutlich - wie ich an anderer Stelle schon zum Ausdruck brachte - nicht von ihm selbst, sondern von seinem Schwiegersohn Thuti, dem Dudu und König des Kampfes der Amarnabriefe, geführt. Er ist Didumes(I)-Schabaka und der Vater des von Addu-nirari angeschriebenen Manachpiria-Enkels, des Didumes(II)-Schabataka.
Adad-narari befand sich ganz offensichtlich auf der Flucht vor Suppiluliumas, der die Lösung des Problems Nuchasse anstrebte und sich dabei natürlich ganz besonders auf dessen Hauptstadt Aleppo konzentrierte, eine Stadt, die die Hethiter seit jeher für sich beanspruchten (vgl. dazu den Hethiter Yarim-Lim von Aleppo, der unter Rim-Sin schon hier saß, mit dem er möglicherweise sogar identisch gewesen sein kann!). Es war nach dem Friedensschluss von Aleppo bzw. Araïna im Jahre 644 ndFl für die Chatti ein weiterer Anlauf erforderlich geworden, um Aleppo zu erobern. Nachdem die Chatti Ende des Jahres 651 (nach dem 17. Feldzug) oder spätestens zu Beginn des Jahres 652 ndFl (nach dem Tode des Acheperure) Nuchasse erobert hatten, setzte Suppiluliumas einen gewissen Sarrupsi an Stelle des geflohenen Addu-nirari als Statthalter in Aleppo ein. Dieser Vertrag zwischen den Chatti und Sarrupsi wird in einem anderen Nuchasse-Vertrag erwähnt, den die Chatti mit dem Nachfolger des Sarrupsi, einem gewissen Teti, abschlossen. Der vorige Vertrag lässt erkennen, dass Sarrupsi die Chatti zu Hilfe gerufen hatte gegen den Meder Tuschratta, den Vasallenkönig der Chatti in Ekbatana. Man erkennt hier die in den Briefen Nrn. 54 und 56 des Akizzi von Katna, auf die ich weiter unten zu sprechen komme, zitierten Gerüchte wieder, wonach drei (vier) Könige in Mitanni dem Chatti-König feind gewesen sein sollen. Das heißt auch, dass die Meder erst nach der Flucht des Adad-narari gegen Aleppo vorgingen, und dass der Einmarsch der Chatti in Nuchasse schon vor dem Brief Nr. 54 des Akizzi stattgefunden hatte, also in der Zeit um den Wechsel von Schabataka (Brief Nr. 51) zu Nimmuria (Brief Nr. 54). Die Meder fühlten sich durch die "Operation Nuchasse" der Chatti in irgendeiner Weise betroffen, worüber jedoch nur spekuliert werden kann, da es im einzelnen nicht mehr zu rekonstruieren ist. Die Abkehr des Tuschratta als eines der Mitannifürsten, die Akizzi von Katna erwähnt, zu einem Zeitpunkt, als sich Adad-narari, mutmaßlicher Drahtzieher dieser gegen Chatti gerichteten Aktionen, auf ägyptischem Territorium befand, richtete sich zunächst gegen Sarrupsi in Aleppo und lag demnach zeitlich zwischen der Flucht des Adad-narari und vor der Unbotmäßigkeit des Sarrupsi. Aus den mit Sarrupsi verbundenen Angaben geht hervor, dass er (später) eine gegen Chatti gerichtete Unbotmäßigkeit beging, für die er mitsamt seiner Familie büßen musste. Die Chatti konnten Sarrupsi zunächst zwar noch helfen, doch dann muss der medische Druck hinter dem Rücken des Suppiluliumas auf ihn stärker geworden sein, so dass er sich viel zu früh, wie es sich schon bald herausstellen sollte, auf die Seite der Meder schlug. Der Halbbruder des Suppiluliumas, Assur-Uballit, ein Sohn des Mursilis-Tudhaliyas mit der Semiramis, hatte zwar von Assyrien aus mit den Ägyptern hinter dem Rücken der Chatti diplomatischen Kontakt aufgenommen, was Burnaburiasch sehr missfallen hatte, doch jetzt stand er auf der Seite der Chatti und besiegte die Mitanni-Meder, verschonte jedoch deren König Tuschratta. So konnte sich Suppiluliumas auf die Südfront konzentrieren. Wie wir noch sehen werden, ist der an den Aleppozug des Suppiluliumas anschließende Zug gegen Damaskus im Lande Abina (= Ube) ebenfalls die Entsprechung eines von Akizzi übermittelten Vorfalls: die Plünderung des Hauses von Namiawaza durch dessen Bruder Aitugama = Etakama. Die Herren von Nii Eine komplette Besprechung der hethitischen Texte ist hier nicht möglich. Wir betrachten daher nur diejenigen Texte, die zur Aufklärung der Zusammenhänge in dieser entscheidenden Phase dienen können. Zunächst zitiere ich aus den Boghazkoi-Texten einen Bericht des Suppiluliumas, der am Beginn des Amka-Überfalles stehen dürfte und im weitesten Sinne sogar als dessen Einleitung aufgefasst werden kann2: Ich machte kehrt, den Euphrat überschritt ich, das Land Chalpa (= Aleppo) und das Land Mu---chi suchte ich heim. Suppiluliumas kehrte damals aus dem Land Alsche zurück, das im nördlichen Mesopotamien angenommen wird. Es kann sich dabei lautlich um Welikuchi-Kolchis handeln. In diesem Falle ist an die assyrischen Aktivitäten in Urartu zu denken, die seit 649 ndFl liefen und noch für das Jahr 651 ndFl in den assyrischen Annalen belegt sind. Ob das Land Mu---chi mit der Residenz Muschichuna (EA-Briefe Nrn. 182 - 184) des Schutarna identisch ist, ist zumindest sehr wahrscheinlich. Die Ereignisse um Aleppo haben wir soeben besprochen. Der Winckler-Text fährt fort: Takuwa von Nii schloss ein Bündnis mit seinem Bruder Abu-Teschub gegen mich. Darauf empörten sich Land und Stadt Nii gegen Takuwa und Aki-Teschub. Zweifellos meint Suppiluliumas ein und denselben Mann in seinem Bericht: Abu-Teschub = Aki-Teschub. Abu-Teschub ist auch im Alten Testament der Bruder des Takuwa; dort heißen die Brüder Abitob bzw. Ahitob und Thekoa: 1. Chronik 4: (5) ASCHCHUR aber, der Vater THEKOAS, hatte zwei Weiber: Helea und Naera. (6) Naera gebar ihm Ahussam, Hepher, Themni, Ahastari. ... (7) Aber die Kinder Heleas waren: ZERETH, Jizhar und ETHNAN. 1. Chronik 8: (8) Und SACHARAIM zeugte im Lande Moab, da er von sich gelassen hatte seine Weiber Husim und Baara, (9) und er zeugte von Hodes, seinem Weibe: Jobab, Zibja, Mesa, Malcham, (10) Jeuz, Sachja und Mirma. ... (11) Von Husim aber zeugte er ABITOB und ELPAAL. Außerdem wird Aschchur in 1. Chron. 2, 24; 4, 5 als "Vater Thekoas" bezeichnet. Die Identität Aschchurs mit Sacharaim ergibt sich nicht nur aus vorstehend genannten Bibelstellen, sondern auch aus dem Stammwort beider Namen: schachar = schwarz, dunkel. Zwei seiner Frauen brachten Söhne mit in die Ehe.
Letzter Stand: 6. Juli 2013
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