Neuntes Buch: Kyros
Ab diesem Jahr neigt sich die assyrische Suprematie ihrem Ende entgegen. Auch in Ägypten ist noch keine starke Hand erkennbar. Zwar sitzt im ägyptischen Theben mittlerweile ein Mann auf dem Thron von Oberägypten, der seinem Konkurrenten Tanutamun in Unterägypten das Leben schwer machen kann; aber noch verhält sich Haremhab ruhig. Es deutet indes einiges darauf hin, dass er sich den Assyrern in irgendeiner Weise verpflichtet fühlt. Für Amurru-Kanaan geht von Ägypten zum Zeitpunkt der Thronbesteigung des Joas-Josia noch keine Bedrohung aus. Suppiluliumas regiert unangefochten in Susa = Hattusas, und sein Neffe Tarkondemos hat noch ein volles Jahrzehnt Zeit, bis er sich in Babylon als Kyros der Große etablieren kann. Die Beschreibung der Geschichte Juda's endete im Kapitel 3 des VIII. Buches in Band 4 mit der Thronbesteigung des Manasse, des Sohnes von Hiskia, nach dem Tode seines Vaters. Verantwortlich für dessen Tod war Joas-Josia-Josua (II), der als Feldherr (= Thartan) und Erzschenke (= Rabsakeh) von Assyrien kam, das jüdische Heer besiegte, Jerusalem eroberte und Hiskia gefangennahm und tötete: 2. Könige 20, 21: Und Hiskia entschlief mit seinen Vätern; und Manasse, sein Sohn, ward König an seiner Statt. 2. Könige 21, 1: Manasse war zwölf Jahre alt, da er König ward, und regierte 55 Jahre zu Jerusalem: Seine Mutter hieß Hephzibah. Manasse müsste im Jahre 665 ndFl geboren sein, als sein Vater 28 Jahre alt war. Seine Mutter Heph-zibah kann Zibja gewesen sein und somit auch Joseba und Sebuda, die angebliche Tochter eines gewissen Pedaja von Ruma, der mitsamt seiner Stadt schwer zu identifizieren ist. Joseba war die Tante des Joas, die diesem das Leben rettete vor den Nachstellungen Athaljas, indem sie ihn mit Amon, dem Leibwächter des Joas, nach Jerusalem in die Obhut des Priesters Jojada brachte. Sebuda soll die Mutter des Eljakim-Jojakim gewesen sein, des Bruders von Manasse-Matthanja-Zedekia. Nach seinem Einzug in Jerusalem kann Hiskia diese Frau mit den vier Namen geheiratet haben, die ihm im Jahre 665 ndFl den Sohn Manasse und zwei Jahre später den Sohn Eljakim geschenkt haben könnte. Joas-Jonas-Josia war zu diesem Zeitpunkt in Ninive. Noch im Jahre 677 ndFl heiratete Josia die Tochter Nechusta des Elnathan-Hiskia, die im Jahr darauf die Mutter des Jojachin wurde. Manasse regierte keine 55 Jahre; addiert man jedoch diese Anzahl an Jahren zu 677 ndFl, dem Antrittsjahr Manasses, dann ergibt sich als Resultat das Jahr 732 ndFl, in dem Jojachin-Daniel (II) in Babylon aus dem Gefängnis geholt und rehabilitiert wurde. Ob dies ein Zufall ist oder beabsichtigt, muss offen bleiben. In diesem Jahr wird Manasse nach kaum zweijähriger Regierung abgesetzt und von den Assyrern nach Babylon deportiert. Dafür sorgt der alles beherrschende assyrische Feldherr Joas-Josia, der seinen alten Leibwächter Amon zum König von Juda ernennt. Die Absetzung des Manasse hat dem AT zufolge ihren eigentlichen Grund in dessen heidnischen Umtrieben (Wiedereinführung der alten Kulte von Aschera und Moloch). Wie wir im vorigen Königs-Chronik-Kapitel schon gesehen haben, war Josia dagegen ein Verehrer des jüdischen Gottes "wie sein Vater David" (2. Könige 22, 2). Ich nehme diese unzutreffende Angabe zum Anlass, die verwandtschaftlichen Beziehungen unter den letzten Königen Juda's aufzuzeigen:
2. Könige 21: (18) Und Manasse entschlief ... und ward begraben im Garten an seinem Hause, im Garten Usas. Und sein Sohn Amon ward König an seiner Statt. Beide Aussagen sind falsch: Manasse wurde von den "Fürsten des Heeres des Königs von Assyrien" (2. Chronik 33, 11), also vom Thartan und vom Rabsakeh, nämlich von Joas-Josia-Josua, nach Babylon ins Exil geführt, und Amon war nicht sein Sohn: (19) 22 Jahre alt war Amon, da er König ward, und regierte zwei Jahre zu Jerusalem. Seine Mutter hieß Mesullemeth, eine Tochter des Haruz von Jotba. Amon kann mit 22 Jahren "Oberster der Stadt" (Samaria) geworden sein (1. Könige 22, 26); das war er schon, bevor er Leibwächter des jungen Joas wurde. Als Nachfolger des Manasse war er bedeutend älter. Er hat keine zwei Jahre in Jerusalem regiert, sondern nur kurze Zeit; denn schon bald nach dem Abzug der Assyrer mit dem gefangenen Manasse gab es eine Revolte in Jerusalem, durch die Amon zu Tode kam (2. Könige 21, 23). Josia kann noch nicht weit weg gewesen sein, als er davon erfuhr und sogleich wieder umkehrte, um die Schuldigen zu bestrafen. Dann setzte er sich selbst auf den Thron von Juda in Jerusalem: 2. Könige 21, 24: Aber das Volk im Lande schlug alle, die den Bund gemacht hatten wider Amon. Und das Volk im Lande machte Josia, seinen Sohn, zum König an seiner Statt. Amon war nicht der Vater des Josia, wie wir längst wissen, und der brauchte nicht die Hilfe des Volkes im Lande. Das Kapitel 2. Könige 12 beschreibt unter anderem die Reinigungs- und Ausbesserungsarbeiten am Tempel, die von Joas veranlasst wurden. Selbstverständlich handelt es sich mittlerweile um Josia, und auch das 23. Jahr des Joas ist das 23. Jahr des Joas-Josia, nämlich das Jahr 683 ndFl, in welchem Joas den Priestern Druck machen musste; denn sie hatten noch so gut wie nichts für die Ausbesserung des Tempels getan. Dieselben Arbeiten werden auch von Josia berichtet: 2. Könige 22: (3) Und im 18. Jahr des Königs Josia (das ist das Jahr 678 ndFl) sandte der König hin Saphan, den Sohn Azaljas, des Sohnes Mesullams, den Schreiber, in das Haus des Herrn und sprach: (4) Gehe hinauf zu dem Hohenpriester Hilkia, dass er abgebe alles Geld, das zum Hause des Herrn gebracht ist, ... (5) dass man es gebe den Werkmeistern, die bestellt sind im Hause des Herrn, ... dass sie bessern, was baufällig ist am Hause, ... Mesullam kann Sallum-Joahas-Ahasja sein, der Sohn Tikwas, der um 626 ndFl geboren wurde, und sein Sohn Azalja wäre dann ein Bruder des Joas-Josia, der jedoch zu jung wäre, um schon einen erwachsenen Sohn Saphan zu haben. Es kann hier eine Generation "dazwischengeschoben" worden sein, um die verhängnisvollen 55 Jahre des Manasse zu überbrücken. Möglicherweise ist Saphan selbst der Bruder Joas-Josias. Josia unternimmt eine gründliche Reform der Religionsausübung. Das wichtigste ist meines Erachtens jedoch die von ihm ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt vorgenommene Reform des Passah-Festes (2. Könige 23, 21ff.); denn durch den scheinbaren Sonnenstillstand (vor zwei Jahren) war eine Kalenderreform fällig geworden: das Jahr hatte 375 Tage bekommen (Epagomenenjahr), und der vorige (Usia-)Kalender der Juden war wie der Olympiaden-Kalender der Griechen nicht mehr zu gebrauchen. Die Prophetin Hulda, die Gemahlin des Sallum, des Sohnes von Thikwa, des Sohnes Harchas, die zu Jerusalem "im anderen Teil" wohnte, wird im Zusammenhang mit der Reform um Rat gefragt (2. Könige 22, 14ff.); sie ist mittlerweile fast 80 Jahre alt und nicht die Gemahlin, sondern die Mutter des Sallum-Mesullam = Jo-Ahas-ja mit Thikwa. Sie ist die große Urahne der letzten Könige Juda's (siehe obiges Schema!); Joas-Josia ist ihr Enkel.
(Sin-)Schar-ukin/ischkun = Assurnasirpal, Asnaphar, kehrt aus dem Exil in Urartu zurück nach Assyrien. Seine Residenz ist zuerst Ninive, dann Dur-Scharukin; Salmanassar = Sardanapal begeht Selbstmord in seinem Palast.
Joas-Josia mahnt die Arbeiten im Tempel an. In Ägypten stirbt Tanutamun, der Sohn der Schwester seines Vorgängers Taharka; Haremhab Necht-cheperu-Re wird Pharao. Tanutamun hatte sehr wahrscheinlich die Witwe Duchat-Amun = Dachamun = Taduchipa des Taharka geheiratet, die Tochter des Tuschratta von Medien-Mitanni, die nach dem Tode des Tanutamun bei Suppiluliumas einen seiner Söhne zum Ehemann und König von Ägypten erbat: "... der Thron und das Bett neben mir sind leer. Du hast viele Söhne. Sende mir einen davon. Er soll mein Gemahl und König von Ägypten werden." Suppiluliumas sandte nach langen Recherchen im Hinblick auf die Ehrlichkeit dieser Anfrage seinen Sohn Zananda; der wurde vermutlich von Haremhab abgefangen und getötet, bevor er Ägypten erreichte, und "vier Jahre nach Tutanchamun" soll Suppiluliumas gestorben sein; es handelt sich bei jenem jedoch um Tanutamun. Tutanchamun ist schon seit mehr als hundert Jahren tot.
Uman-Igasch = Suppiluliumas stirbt vier Jahre nach Tanutamun; Umak-Ischtar-Chundu-Rusa = Tarkundimme = Tarkondemos = Kyros "II", der Sohn einer Schwester des Uman-Igasch, wird König von Elam und besiegt Kroisos, den Sohn des Tudhaliyas-Alyattes, der ein Bruder des Suppiluliumas ist. Kroisos hat 14 Jahre (seit 673 nach der Halysschlacht) in Sardes, der Hauptstadt Lydiens, regiert. Kyros setzt in Chatti-Susa = Hattusas seinen neuen Schwiegersohn Darius-Telipinus als Statthalter ein, der vorher in Kommagene residiert hatte. Darius heiratet die Tochter Atossa des Kyros. Nabopolassar und Kyros zerstören Assur.
Babylon wird durch Nabopolassar und Kyros den Älteren, den König von Medien, Elam und Persien, erobert. Die Residenz des Kyros wird vermutlich zunächst Babylon, später dann Pasargadae. Gobryas = Nabopolassar wird Satrap (König) von Babylonien; er gilt als der Begründer der neubabylonisch-chaldäischen Dynastie. Kyros wird in der Gadd-Chronik Umak-Ischtar genannt, was wegen der Lautähnlichkeit dazu geführt hat, dass er mit Kyaxares verwechselt worden ist; denn Kyros II (558-529 v.Chr.) kann in konventioneller Sicht kein Zeitgenosse des Nabopolassar (gestorben 606 v.Chr.) gewesen sein.
Nabopolassar und Kyros besiegen Schar-ukin und zerstören Ninive; Sin-schar-ischkun flieht. In der Mondgott-Stadt Haran, wohin Sanherib-Assurbanipal seinen Bruder als Sin-Priester schon 659 ndFl in den Ruhestand versetzt hatte, setzt Assur-Uballit sich auf den Thron von Assyrien.
Obwohl dem Assur-Uballit ein ägyptisches Heer zu Hilfe kommt, wird er von Kyros und Nabopolassar nach nur zweijähriger "Regentschaft" besiegt. Damit ist die Geschichte Assyriens zu Ende. Assur-Uballit flieht nach Ägypten, und dort nimmt man die Gelegenheit wahr, den Großangriff auf das vermeintlich schwächelnde Konkurrenzreich am Euphrat zu wagen. Doch die Ägypter hatten offensichtlich die Kraft dieses jungen Perserreiches unterschätzt.
In diesem Jahr kommt erneut Bewegung in die Geschichte des kleinen jüdischen Staates. Die Ägypter fühlen sich wieder erstarkt, und nicht zuletzt geht ihre Wiederaufrüstung auf den jetzigen Pharao und ehemaligen General Haremhab zurück, der schon zu Beginn des Jahres seinen Feldherrn Necho mit einem Heer an den Euphrat schickt. Es ist denkbar, dass er auch der Heerführer des Feldzuges im Vorjahr war. Außerdem scheint durch den Tod des Kyros eine Verlockung an Ägypten ausgegangen zu sein, zumal der neue König, Kambyses, keine sonderlich gute Figur macht. Sogar die Makedonen nehmen eine bedrohliche Haltung gegenüber Kambyses ein, der offenbar durch einen Putsch an die Macht gekommen ist. Necho ist der um 610 ndFl geborene Sohn Paionech des Pianchi mit der Königin (von) Saba, der auch Biëneches, Baïna-Lechem, Menelik und schließlich Lagos hieß als Stammvater der Ptolemäer; er ist Men-tem-chet, der Nachfolger Haremhabs in der Abydos-Inschrift wie auch in Wirklichkeit, und er ist Psammetich I, der Große, der 54 Jahre regiert haben soll. Diese 54 Jahre liegen nicht etwa parallel zu den (fiktiven) 55 Jahren des Manasse, sondern sie beginnen 645 ndFl mit König Nehi von Nubien unter Manachpiria. Darüber wird in einem anderen Kapitel ausführlich abgehandelt.
2. Könige 24: (1) Zu seiner (des Jojakim) Zeit zog herauf Nebukadnezar, der König zu Babel, und Jojakim ward ihm untertänig drei Jahre; und er wandte sich und ward abtrünnig von ihm. Die Wendung gehört erst in die Zeit nach drei Jahren. Es ist aber bezeichnend, wie die Babylonier (eigentlich die Perser) und die Ägypter wieder einmal um den Zankapfel Amurru-Kanaan diplomatisch kämpfen. Von kriegerischen Begegnungen mit Ägyptern weiß die Gadd-Chronik in diesem und im folgenden Jahr allerdings noch nichts.
Obwohl dies bereits das sechste Jahr Nebukadnezars sein muss, erwähnt die Gadd-Chronik für dieses Jahr das erste Auftreten Nebukadnezars als Heerführer. Daraus kann der Schluss gezogen werden, dass Nabu-ach-idin = Nabuchodonoser = Nebukadnezar erst in diesem Jahr von seinem Vater mit der Führung eines Heeres betraut wurde. Geboren wurde er vermutlich schon 652 ndFl, so dass er spätestens - nach der damaligen Gepflogenheit - im Jahre 674 ndFl heerfähig gewesen wäre. Ein viel späteres Geburtsjahr kann kaum in Frage kommen, da sein Sohn Belsazar spätestens um 680 ndFl geboren sein muss, da er im Jahre 716 ndFl als Erwachsener umkommen wird.
In diesem Jahr greifen die Ägypter wieder massiv in die Politik ein. Offenbar haben sie Jojakim schon auf ihre Seite gezogen, und die übrigen Stadtfürsten können sich ebenfalls auf einen neuerlichen "Eiertanz" gefasst machen, wie er schon zur Amarnazeit geübt wurde: Wer wird diesen Zweikampf der Giganten an Nil und Euphrat gewinnen? Werden die Stadtfürsten am Ende auf das richtige Pferd gesetzt haben? Jojakim tat es in diesem Jahr, aber im nächsten Jahr wird es ihm schon zum Verhängnis werden. Die Ägypter erobern die Stadt Kimuchu am Euphrat zurück, die Nabopolassar im vorigen Jahr erst gewonnen hatte. Nach einigen Winkelzügen der Babylonier, von denen die Ägypter offensichtlich nicht beeindruckt waren, überschreitet das ägyptische Heer bei Karkemisch den Euphrat. Die Babylonier ziehen sich zurück und überlassen den Ägyptern das Feld. Wie sich herausstellen wird, handelte es sich wohl eher um einen taktischen Rückzug.
In der Zwischenzeit ist in Ägypten Haremhab abgesetzt worden und sein ehemaliger Feldherr und König von Nubien, der noch im Jahre 692 ndFl Josia besiegt hatte, ist Pharao geworden: Psammetich Ptah-maat-Re Men-tem-chet Ne-kau-Re = Necho, Nekos. Wer jetzt dessen Feldherr ist, wird nicht gesagt. Immer noch gilt Necho als der Heerführer, was aber nicht glaubhaft ist; doch es ist immerhin sein Heer, das jetzt am Euphrat steht. Nebukadnezar Nabu-ach-idin (und nicht Nabu-kudur-ussur, wie es in der Gadd-Chronik heißen soll2), der älteste Sohn des Nabopolassar und Kronprinz, übernimmt das Heer und zieht nach Karkemisch, wo das ägyptische Heer offenbar den Winter über in aller Ruhe gelagert hat. Nebukadnezar kann die Ägypter empfindlich schlagen, so dass sie sich zurückziehen. Er verfolgt sie bis in den Bezirk von Hamath, das heißt bis Kadesch am Orontes im Lande Hamath, und reibt ihr Heer völlig auf, dass kein einziger Mann in sein Land zurückkehrte. Der Sieger in der Schlacht bei Kadesch heißt Nebukadnezar. Nach (fast) 21 Jahren Regierung stirbt Nabopolassar, und Nebukadnezar begibt sich schleunigst vom syrischen Kriegsschauplatz nach Babylon, um die Nachfolge seines Vaters anzutreten, und noch im selben Jahr kehrt er nach Amurru-Kanaan (in der Gadd-Chronik bzw. in der Übersetzung stets "Chatti-Land" genannt) zurück. 2. Könige 24: (6) Und Jojakim entschlief ... und sein Sohn Jojachin ward König an seiner Statt. (7) Und der König in Ägypten zog nicht mehr aus seinem Lande; denn der König zu Babel hatte ihm genommen alles, was dem König in Ägypten gehörte vom Bach Ägyptens bis an das Wasser Euphrat. (8) 18 Jahre alt war Jojachin, da er König ward, und regierte drei Monate zu Jerusalem. Seine Mutter hieß Nehusta, eine Tochter Elnathans von Jerusalem. ... (10) Zu der Zeit zogen herauf die Knechte Nebukadnezars, des Königs zu Babel, gen Jerusalem und kamen an die Stadt mit Bollwerk. (11) Und Nebukadnezar kam zur Stadt, da seine Knechte sie belagerten. Die beiden letzten Verse spiegeln die Situation wider, wie sie auch in der Gadd-Chronik beschrieben ist: Nebukadnezar hatte den Kriegsschauplatz verlassen, und als er vor Jerusalem wieder eintraf, hatten seine Generäle schon mit der Belagerung der Stadt begonnen. Die AT-Chronik kommt hier gewaltig ins Schleudern; denn es stimmt nicht, dass Jojachin ein Sohn Jojakims war; denn der mittlerweile 29 Jahre alte El-/Jojakim konnte noch keinen Sohn von 18 Jahren haben, und elf Jahre regiert hatte er auch nicht. Vermutlich wurden diese elf Jahre nur deshalb angegeben, um den Vater mindestens 36 Jahr alt zu machen, was für einen 18-jährigen Sohn noch gerade hingekommen wäre. Jojachin, der an anderer Stelle Jechonja genannt wird, war der Sohn des Josia. Hauptsächlich liegt der Fehler jedoch in einer ganz anderen Entstellung: Die zu diesem Zeitpunkt von den Chaldäern durchgeführten Maßnahmen gegen Jerusalem werden erst dem Ende der Regierung des Zedekia zugeschrieben! Es ist daher an dieser Stelle erforderlich, schon auf die letzten Jahre Zedekias zuzugreifen. 2. Könige 24: (20) Denn es geschah also mit Jerusalem und Juda aus dem Zorn des Herrn, bis dass er sie von seinem Angesicht würfe. Und Zedekia ward abtrünnig vom König zu Babel. War Zedekia so wahnsinnig, dass er zu einer Zeit (es müsste das Jahr 704 ndFl sein) abtrünnig wurde, als er von den Ägyptern nicht die mindeste Unterstützung erwarten konnte? Wie konnte er - auf sich allein gestellt - gegen Perser und Chaldäer aufmucken? Dieser Vorgang gehört, wie sich auch aus anderen Gründen noch ergeben wird, eindeutig in die Zeit Jojakims und Jojachins. Meines Erachtens lag der Grund für das kaum zu verstehende Verhalten Zedekias in seiner Abwendung vom wahren Glauben. Das kommt in obigem Vers 20 überdeutlich zum Ausdruck. Der wirkliche Anstifter zum Abfall des ebenfalls "heidnischen" Jojakim statt des Zedekia von Babel war der Mann, der mit Sicherheit auch schon hinter der Deportation des Manasse vor 18 Jahren gesteckt hatte: Jeremia, der unerbittliche Prophet, der bis in den fünften Monat der Gefangenschaft Juda's redete, und zwar nicht - wie es heißt - am Ende des elften Jahres Zedekias (Jer. 1, 3), sondern jetzt im 4. Jahr Jojakims. Er wollte diesen bestrafen für seinen Rückfall ins Heidnische. Im letzten Jahr des Zedekia war Jeremia längst tot. Jeremia müsste in diesem Jahr 90 Jahre alt gewesen sein; bei seinem Tod im Jahre 706 ndFl wäre er sogar 100 Jahre alt gewesen. Für Jesaja, der im letzten Jahr Hiskias ebenfalls 100 Jahre alt gewesen wäre, erschien mir dieses Alter zu hoch; kann man für Jeremia wenigstens 90 Jahre akzeptieren? Wie ich schon sagte, gehört die Schilderung der Eroberung Jerusalems, der Gefangennahme Zedekias und der Fortführung der Juden in die babylonische Gefangenschaft unter Zedekia schon in dieses Jahr unter Jojakim: 2. Könige 25: (1) Und es begab sich im neunten Jahr seines Königreichs (sowohl von Zedekia als auch von Nebukadnezar; gemeint ist das Jahr 704 ndFl) am zehnten Tage des zehnten Monats, kam Nebukadnezar, der König zu Babel, mit all seiner Macht wider Jerusalem; und sie lagerten sich dawider und bauten Bollwerke darum her. (2) Also ward die Stadt belagert bis ins elfte Jahr des Königs Zedekia. (3) Aber am neunten Tage des vierten Monats (das soll im elften Jahr, also 706 ndFl, gewesen sein) ward der Hunger stark in der Stadt, dass das Volk des Landes nichts zu essen hatte. (4) Da brach man in die Stadt; und alle Kriegsmänner flohen bei der Nacht auf dem Wege durch das Tor zwischen den zwei Mauern, der zu des Königs Garten geht. Aber die Chaldäer lagen um die Stadt. Und er [der König] floh des Weges zum blachen Felde. (5) Aber die Macht der Chaldäer jagte dem König nach, und sie ergriffen ihn im blachen Felde zu Jericho, und alle Kriegsleute, die bei ihm waren, wurden von ihm zerstreut. (6) Sie aber ergriffen den König und führten ihn hinauf zum König von Babel gen Ribla; und sie sprachen ein Urteil über ihn. Dies ist die Gefangennahme Jojakims, dessen Schicksal in 2. Könige 24, 6 offengelassen wird: Und Jojakim entschlief mit seinen Vätern; und sein Sohn Jojachin ward König an seiner Statt. Das letztere hatten wir schon berichtigt: Jojachin war der Sohn des Josia und der Nehusta. Er wird nach der Flucht des Jojakim keineswegs König; er wurde überhaupt niemals König; denn: 2. Könige 24: (12) Aber Jojachin, der König Juda's, ging heraus zum König von Babel mit seiner Mutter (Nehusta), mit seinen Knechten, mit seinen Obersten und Kämmerern; und der König von Babel nahm ihn gefangen im 8. Jahr seines Königreichs (Unterkönig seit 689 ndFl). (13) Und nahm von dannen heraus alle Schätze im Hause des Herrn und im Hause des Königs ... (14) Und führte weg das ganze Jerusalem...und ließ nichts übrig denn geringes Volk des Landes. (15) Und er führte weg Jojachin gen Babel ...(17) Und der König von Babel machte Matthanja, Jojachins Oheim, zum König an seiner Statt und wandelte seinen Namen in Zedekia. Hier wird die Fortführung der Juden ins zweite babylonische Exil geschildert, und der Schatz wird erwähnt, den Kores (= Kyros der Jüngere) in 28 (nicht nach 70!) Jahren an die Juden unter Sesbazar wieder herausgeben wird (Esra 1, 8). Die Belagerung Jerusalems hat nicht mehrere Jahre gedauert; sie endete in demselben Jahr, in dem sie begann. Jojachin wurde in der Zeit nach der Flucht Jojakins nicht zum König gekrönt; dafür ließen die Chaldäer den Juden keine Gelegenheit! Das zweite Exil begann 70 Jahre nach dem ersten! Das AT gibt die Dauer des (angeblich einzigen) Exils mit 70 Jahren an. Den neuen König von Juda hatte Nebukadnezar schon vorsorglich aus Babylon mitgebracht: Matthanja ist Manasse, der Sohn des Hiskia = Adoni-Zedek, der zu der Zeit des Josia nach Babylon deportiert worden war. Wenn Matthanja ein Onkel des Jojachin war, dann muss dessen Mutter Nehusta eine Tochter von Hiskia (= Elnathan?) von Jerusalem gewesen sein, die um etwa 662 ndFl geboren wurde. Der Name Manasse steht in engem Zusammenhang mit den Namen Manahath und Manchate; insofern ist eine Verbindung zu dem Namen Matthanja keineswegs halsbrecherisch. Den Namen Zedekia bekam Matthanja vermutlich wegen seiner Abstammung von Adoni-Zedek, wie sein Vater Hiskia bekanntlich auch noch genannt wurde. Das AT weiß ebenfalls davon, dass Manasse nach einiger Zeit wieder nach Jerusalem zurückkehrte: 2. Chronik 33: (11) ... die Fürsten des Heeres des Königs von Assyrien ... nahmen Manasse gefangen mit Fesseln und banden ihn mit Ketten und brachten ihn gen Babel. (12) Und da er in der Angst war, flehte er vor dem Herrn, seinem Gott ...(13) und bat und flehte zu ihm. Da erhörte er sein Flehen und brachte ihn wieder gen Jerusalem zu seinem Königreich. Manasse-Matthanja-Zedekia regierte keine 55 Jahre, sondern nur - gerechnet ab 677 ndFl bis zu seinem Tod im Jahre 703 ndFl - insgesamt 26 Jahre, und mit der Unterbrechung von 678 bis 696 ndFl kommen nur acht Regierungsjahre zusammen. Seine Mutter war Hephzibah-Sebuda und nicht Hamutal, die im Jahr seiner Geburt schon 40 Jahre alt war. Auch war er selbst nicht erst 21 Jahre alt, als er in diesem Jahr auf den Thron kam, sondern schon 31 Jahre. Josia wäre in diesem Jahr 42 Jahre alt geworden und hätte einen 21-jährigen Sohn haben können, aber nicht einen 31-jährigen. Gelernt hatte Manasse-Zedekia aus seiner Misere offenbar nichts; denn er tat, was dem Herrn übel gefiel. Das war dann sein Dank an den Herrn für die Erhörung seines Flehens. In Jerusalem gingen die Ereignisse in diesem Jahr folgendermaßen weiter: 2. Könige 25: (8) Am siebenten Tage des fünften Monats, das ist das 19. Jahr Nebukadnezars (in Wirklichkeit ist es das achte), des Königs zu Babel, kam Nebuscharadan, der Hauptmann der Trabanten, des Königs zu Babel Knecht, gen Jerusalem (9) und verbrannte das Haus des Herrn und das Haus des Königs und alle Häuser zu Jerusalem; alle großen Häuser verbrannte er mit Feuer. (10) Und die ganze Macht der Chaldäer, die mit dem Hauptmann war, zerbrach die Mauern um Jerusalem her. (11) Das andere Volk aber, das übrig war in der Stadt, und die zum König von Babel fielen, und den andern Haufen führte Nebuscharadan, der Hauptmann, weg. Nebuscharadan = Nabu-schar-idin kann ein Bruder Nebukadnezars gewesen sein; er führt nicht nur die Juden nach Babylon, sondern auch die Schätze. Noch ausführlicher ist der Bericht im Buch Jeremia: Jeremia 39: (2) Und im elften Jahr Zedekias, am neunten Tage des vierten Monats, brach man in die Stadt; (3) und zogen hinein alle Fürsten des Königs zu Babel und hielten unter dem Mitteltor, nämlich Nergal-Scharezer, der Oberste der Weisen, Samgar-Nebo, Sarsechim, der oberste Kämmerer, und alle andern Fürsten des Königs zu Babel. ... (13) Da sandten hin Nebuscharadan ...und Nebuschasban, der oberste Kämmerer, Nergal-Scharezer, der Oberste der Weisen, und alle Fürsten des Königs zu Babel ... Nergalscharezer = Nergal-schar-ussur, Neriglissar-Muwatallis, der hier als der Oberste der Weisen angeführt wird, ist jener hethitische Feldherr im Dienste der Chaldäer, der im Jahre 692 ndFl die Ägypter bei Karkemisch besiegte. Er ist der Sohn des Nabu-/Bel-/Schamasch-schum-ukin/ischkun, des Babyloniers Schuzub, dessen Witwe nach seinem Tod im Jahre 675 ndFl von dem Chaldäer Nabu-ukin-zer = Schuzub = Mursilis II, dem Dichterkönig (Pestgedichte) und Sohn des Suppilulimas, geheiratet wurde. Konventionell gilt Nergal-Muwatallis als dessen Sohn. Der Stiefvater befindet sich ebenfalls unter den Fürsten Nebukadnezars: Samgar-Nebo-Sarsechim = Nebu-Schasban, Nabu-schuzub-anni, Schuzub, der Chaldäer, ist hier der oberste Kämmerer; er ist mittlerweile über 50 Jahre alt und wird im Jahre 706 ndFl noch einen Sohn bekommen, der ganz große Geschichte machen wird: Hattusilis III = Nabonid = Antiochos (Hiërax) I/III. Dessen späterer Gegner in der Seevölkerschlacht bei Raphia (konv. 217 v.Chr.) wird ebenfalls in dieser Zeit geboren (vermutlich 705 ndFl): Nektanebos = User-maat-Re Necht-A-Neb Sa-ti-Re = (Ptah-) Ramses II/III = Ptolemaios (I/IX) Soter(-Lathyre), Sohn des Psammetich III = "Sethos" Men-maat-Re = Amyr-Teos = Ptolemaios (III/VIII) Euergetes(-Physkos), des Sohnes von Psammetich II = (Ptah-)Ramses I Amasis Men-pechti-Re.
Psammetich I = Necho stirbt, während das persische Heer in Ägypten einfällt. Kambyses nimmt den Sohn Psammetich II = Ramses I Men-pechti-Re = Amasis = Ptolemaios (V) Epiphanes gefangen, bevor dieser zum Pharao gekrönt werden kann. Er setzt Apries-Hophra-Nepherites (Nefer-uach-ib-Re) als persischen Statthalter in Ägypten ein und nimmt Ptolemaios mit nach Persien. Kambyses stirbt auf dem Weg von Ägypten nach Ekbatana; sein Nachfolger wird Pseudo-Smerdes; diese Begebenheit wächst sich bei Herodot zu einer Posse aus. An anderer Stelle werde ich die wahren Verhältnisse aufdecken.
Nach der Aufdeckung des Schwindels mit dem Pseudo-Smerdes kommt Darius-Telepinus auf den Thron des persischen Großkönigs. Hierher gehört aber schon ein Hinweis auf Nehemia, der von Darius in diesem Jahr aus Babylon mit nach (Chatti-)Susa = Hattusas auf das Schloss Susan am Wasser Ulai = Halys mitgenommen wird (Neh. 1, 1). Wir werden ihm in drei Jahren wieder begegnen.
In Ägypten hat sich Apries-Hophra von seiner Oberhoheit, und zwar direkt von Persien, losgesagt, was natürlich eine entsprechende Reaktion auslöst: Perdikkas, der makedonische Heerführer der Perser, der mittlerweile etwa siebzig Jahre alte Sohn Kastor-Perideikes des Phrygers Alexander "Kyknos" und der Leda, zieht mit einem Heer nach Ägypten und trifft bei der "Pforte Ägyptens", bei der Stadt Pelusium, auf das ägyptische Heer. Da sich unter den Persern auch Psammetich-Ptolemaios Epi-Phanes aufhält, der Sohn Amasis des Psammetich-Nekos, ermorden die Ägypter vor den Augen des Vaters die beiden Söhne des Phanes, die in Ägypten zurückgeblieben waren. So schildert es Herodot. Darauf gehe ich in einem besonderen Kapitel ausführlich ein. Jeremia verheißt Hophra und Zedekia, dem in doppelter Hinsicht Abtrünnigen, von Babel und vom wahren Gott, nichts Gutes: Jeremia 44, 30: so spricht der Herr also: Siehe, ich will Pharao Hophra, den König in Ägypten, übergeben in die Hände seiner Feinde und derer, die ihm nach seinem Leben stehen, gleichwie ich Zedekia, den König Juda's übergeben habe in die Hand Nebukadnezars, des Königs zu Babel, seines Feindes, und der ihm nach seinem Leben stand. Diese Formulierung weist darauf hin, dass sich das Schicksal Zedekias schon vollzogen hat; die Gleichzeitigkeit der Erwähnung beider persischer Vasallenfürsten entspricht der Ähnlichkeit ihrer Probleme, die von den AT-Redakteuren von Apries-Hophra jedoch auf Zedekia übertragen wurden, ohne dass dieser davon betroffen war: 2. Könige 25: (7) Und sie schlachteten die Kinder Zedekias vor seinen Augen und blendeten Zedekia die Augen und banden ihn mit Ketten und führten ihn gen Babel. Amasis schneidet in diesem Jahr seinem Widersacher Apries die Nase und die Ohren ab (so Herodot) und liefert ihn der Volkswut aus, die ihn umbringt. Er steigt als der neue persische Statthalter in Saïs auf den Thron und bleibt da bis zu seinem Tod (etwa im Jahre 717 ndFl). Perdikkas wird auf diesem Ägyptenfeldzug ermordet. Zedekia stirbt in diesem Jahr vermutlich eines ganz natürlichen Todes. Alle Gewaltaktionen fanden im Jahre 696 ndFl in Jerusalem oder in diesem Jahr in Ägypten statt. Damit endet die Geschichte der Könige von Juda im AT. Eine andere Form der Regierung und auch eine andere Dynastie wird in Zukunft in diesem Land herrschen. In Jerusalem wird nach dem Tode Zedekias Gedalja, der Sohn Ahikams, des Sohnes Saphans, als Statthalter der Chaldäer über Juda gesetzt; er wird nach sieben Monaten in Mizpa erschlagen; die Verschwörer heißen: Ismael, der Sohn des Nethanjah, des Sohnes Elisamas vom königlichen Geschlecht, und Johanan, der Sohn des Kareah, sowie Seraja, der Sohn des Thanchumeth, ein Netophathiter, und Jaasanja, der Sohn eines Maachathiters; die Mörder aber fliehen nach Ägypten (2. Kön. 25, 22-26), wo sie vermutlich noch vor dem Beginn der Kriegshandlungen eintrafen. Andernfalls müsste man sich fragen, was sie sich von Ägypten wohl versprachen. Im Monat Chislev im 20. Jahr des Artaxerxes wohnt Nehemia, der Sohn des Hachalja, bereits in Susa = Hattusas auf dem Schloss: Nehemia 1, 2: Da kam Hanani, einer meiner Brüder, mit etlichen Männern aus Juda. Und ich fragte sie, wie es den Juden ginge, die errettet und übrig waren von der Gefangenschaft, und wie es zu Jerusalem ginge. Hier ist es konventionell zu einem Missverständnis gekommen: Nehemia fragt nicht nach den Juden, die aus Babylon zurückgekehrt sind, sondern nach denen, die gar nicht erst in Gefangenschaft gekommen waren, die "übrig sind von der Gefangenschaft". Folglich wird konventionell nach einem Artaxerxes gesucht, der als Gastgeber des Nehemia in Susan in Frage kommen kann, und zwar nach dem Exil. Das erübrigt sich; denn: Artaxerxes ist kein Name; es ist der ins Griechische übernommene persische Titel Arta-Chschatrach, der nichts anderes als "Großkönig" bedeutet, und wenn drei Perserkönige explizit Artaxerxes heißen, dann ist das kein Hinderungsgrund, auch andere persische Großkönige so zu nennen, die normalerweise nicht Artaxerxes genannt werden. Neben dem "Namen" Artaxerxes tragen alle diese Könige auch noch andere Namen. Herodot spricht z.B. von Darius I vielfach als "dem Großkönig". Dieser jetzt regierende Darius I ist übrigens mit Darius II, dem Zeitgenossen des Peloponnesischen Krieges, weitgehend identisch; aber Darius I heißt weder Ochos noch Nothos; doch das gehört erst in ein späteres Kapitel. Nehemia wird von seinem Großkönig Darius I auf seine Bitte als Landpfleger nach Jerusalem beordert, wo er Nachfolger Gedaljas bis zum 32. Jahr des Arthahsastha = Artaxerxes = Darius I wird, bis zum Jahre 715 ndFl.
Der Beginn einer Belagerung Jerusalems gehört, wie wir gesehen haben, nicht in dieses Jahr.
Die in 2. Könige 25 geschilderte Einnahme Jerusalems mit anschließender Deportation der Juden ins zweite babylonische Exil hat schon unter Jojakim stattgefunden.
In diesem Jahr kommt es endlich zu dem, was man eigentlich gar nicht anders erwarten konnte: Nebukadnezar macht sich in Babylon selbständig, vertrauend auf seine Heereskraft und auf die Uneinnehmbarkeit von Babylon. Darius besiegt ihn jedoch in offener Feldschlacht; Nebukadnezar entkommt für "sieben Zeiten" = sieben Doppeljahre oder 14 Epagomenenjahre (bis 729 ndFl) in die Wüste. Darius der Meder ( Buch Daniel) beginnt mit der Belagerung Babylons, wo sich Nebukadnezars Sohn Belsazar verschanzt hat. Nehemia verlässt Jerusalem und begibt sich ins Heer seines Gönners Artaxerxes-Darius I vor Babylon: Nehemia 5, 14: Auch von der Zeit an, da mir befohlen ward, ihr Landpfleger zu sein im Lande Juda, nämlich vom zwanzigsten Jahr an bis in das zweiunddreißigste Jahr des Königs Arthahsastha, das sind zwölf Jahre, ... Im Jahre 724 ndFl wird Nehemia mit den übrigen Exilheimkehrern wieder nach Jerusalem zurückkommen und beitragen zum Wiederaufbau des Tempels. Das ist dann eine Geschichte für sich.
Darius der Meder erobert Babylon in seinem 62. Lebensjahr nach 20-monatiger Belagerung. Nachdem das Mene-Tekel auf der Wand im Palast Belsazars erschienen war, wurde Daniel-Jojachin heraufgeholt, den Sinn dieser Schrift zu deuten. Wem läuft da kein kalter Schauer über den Rücken, wenn er Heinrich Heines Gedicht Belsazar über das Menetekel zitieren hört: ...Und sieh! und sieh! an weißer Wand
Da kam's hervor wie Menschenhand, Und schrieb, und schrieb an weißer Wand Buchstaben von Feuer, und schrieb und schwand... ...Belsazar ward aber in selbiger Nacht Von seinen Knechten umgebracht. Damit endete die chaldäische Dynastie von Babylon, jedoch nur vorläufig; denn Nebukadnezar wird in demselben Jahr wieder nach Babylon zurückkehren, in welchem das Heer des Xerxes bei Platää besiegt wird: 729 ndFl. Darius setzt in Babylon seinen Sohn Ariobarzanes = Arsames ein, den späteren Artaxerxes (II) Mnemon. Dieser Arsames korrespondiert auf den berühmten Lederbriefen mit Amasis = Ach-Hapi in Ägypten, ebenso nach dessen Tod mit Psamschek-Psamuthis = Psammetich III, dem Sohn des Amasis, der nicht "Sethos" geheißen haben kann, wie konventionell der Sohn des Ramses I und Vater des Ramses II geheißen haben soll. Hier liegen gravierende Irrtümer vor. Auch Xerxes wird in diesem Jahr als Provinzkönig (Satrap) eingesetzt, und zwar in der Sogdiane, einer Region im persischen Stammland.
Psamschek = Amyr-Teos und Inaros ermorden in Ägypten den persischen Thronfolger Aach-mes = Achaimenes den Jüngeren, was eine breitangelegte Offensive der Perser gegen Ägypten zur Folge hat. Der nächste Ansprechpartner für Arsames ist von nun an Hakoris = Necht-Hor, der schon als Pharao auf dem ägyptischen Thron gesessen hat: Necht-cheperu-Re Hor-em-heb = Haremhab; aber auch der wird in Kürze von Persien abfallen. Nach dem Tod des Darius kommt Arsames-Ariobarzanes, der Sohn des Darius mit der Parysatis, als Artaxerxes Mnemon auf den Thron von Persien. Nach Ansicht seines Halbbruders Kyros des Jüngeren, eines Sohnes der Kyros-Tochter Atossa, ist Arsames nicht thronberechtigt. Aus diesem Grunde sammelt Kyros Verbündete und kann im Jahre 724 ndFl die Dinge für kurze Zeit zu seinen Gunsten ändern:
Vorübergehend kommt Kores = Kyros der Jüngere in Babylon auf den Thron. Er entlässt die Juden und gibt ihnen durch seinen Kämmerer Mithredat den Schatz wieder heraus, den Nebukadnezar aus Jerusalem verschleppt hatte. Er fordert die Juden auf, den Tempel, den die Chaldäer zerstörten, wieder aufzubauen. Dieser Kämmerer Mithredat (Esra 1, 8) ist auch der von Xenophon in seiner Anabasis erwähnte Mithridates (übrigens der einzige, den es in der Altertumsgeschichte gab), der den Griechen den Sold ausbezahlen soll, den sie sich damit verdient hatten, dass sie Kyros dem Jüngeren zum Sieg über dessen Bruder Artaxerxes verholfen hatten. Der schlitzohrige Mithridates teilte sich das Geld für die Griechen mit seinen Spießgesellen und erzählte den Geprellten, Kyros sei von seinem Bruder im Zweikampf getötet worden. Kyros hatte aber die Verfolgung seines Bruders, die er ohne die Söldner angetreten hatte, aufgegeben und war inzwischen längst in Babylon. So aber entstand die Verzerrung in der Geschichte, der biblische Kores könne nur Kyros der Große oder Ältere sein, da der andere ja gar nicht bis Babylon, geschweige denn auf den Thron gekommen sei.
Nach zweijähriger Regierung wird Kyros der Jüngere unter den im Buch Daniel (Kap. 10ff.) etwas verworren geschilderten Umständen getötet. Tatsache ist, dass Artaxerxes aus seinem Exil zurückkehrt und sich erneut um den Thron bemüht. An Herodot sind diese Ereignisse vorbeigegangen; denn er sieht die jetzt erst aufkommende Kontroverse der Halbbrüder Xerxes und Ariobarzanes unmittelbar nach dem Tod des Darius in einem Streit, den der Spartaner Demaratos mit Hinweis auf eine ähnliche Situation in Sparta schlichten kann. So wird Xerxes Großkönig in Persien, während sich Artaxerxes auf eine längere Wartezeit einrichten muss, bis er den Thron wieder für kurze Zeit einnehmen kann; doch seine Regierungsjahre zählt er weiter!
In diesem Jahr kommt es wieder zu einer kriegerischen Begegnung der Perser mit den Griechen: Schlacht bei den Thermopylen und Seeschlacht bei Salamis. In der von mir sogenannten Xerxes-Nacht entsteht das 365,2422Tage-Jahr.
Der für dieses Jahr berichtete Babylon-Aufstand bedeutet nichts weiter, als dass Nebukadnezar aus der Wüste zurückgekehrt ist und die Niederlage der Perser in Hellas für seinen Putsch ausnutzt. Er steckt Daniel-Jojachin wieder ins Gefängnis, weil der zur Eroberung Babylons durch die Perser und zum Tode seines Sohnes Belsazar beigetragen hatte. Die Perser selbst werden bei Platää so gründlich besiegt, dass sie sich in ihr Land zurückziehen.
Nebukadnezar stirbt, und sein Sohn Awil-Marduk (Ewil-Merodach) wird König von Babylon; der holt schon sogleich den Mann aus dem Kerker, der ihm zu seiner Königswürde verholfen hat, indem er seinen älteren Bruder ans Messer lieferte: Jojachin wird nach 36-jähriger Gefangenschaft rehabilitiert. Mit dieser Handlung ist das zweite jüdische Exil erst abgeschlossen. Es würde an dieser Stelle zu weit führen, die Bücher Esra und Nehemia auf ihren historischen Inhalt abzuklopfen. Es geht darin hauptsächlich um den Wiederaufbau des Tempels in der Zeit nach dem zweiten Exil, und da Esra zum ersten Exil gehörte und längst tot ist, so ist Nehemia die Hauptperson in dieser Phase, die die Zeit unter Ahasveros = Xerxes, Arthahsastha = Artaxerxes I und II sowie unter Darius II umfasst. Letzter Stand: 19. Dezember 2012
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