Extrembeispiel!
Schicksal oder Zufall?
Wie wenig wir darüber wissen, wie sich ein Mensch und sein Verhalten auf den langfristigen Verlauf der Geschichte auswirkt, möchte ich an einem Beispiel verdeutlichen: Fragt man jemand, was er tun würde, wenn er in der Zeit zurückreisen und dort etwas ändern könnte, denken bestimmt viele daran, Adolf Hitler
vor der Machtübernahme zu töten. Zweifellos würden sie damit vordergründig Millionen von Menschen das Leben retten, die im Zweiten Weltkrieg und in den
Konzentrationslagern umkamen, das will ich nicht anzweifeln. Denkt man jedoch unvoreingenommen weiter, kann man ohne Weiteres auch zu einem anderen Urteil kommen: Das Denken zwischen den Weltkriegen war in vielen Bereichen noch militärisch, auch im zivilen Leben. Der Friedensbeauftragte der Evangelischen Kirche Deutschlands EKD,
Renke Brahms, warnte erst im Jahr 2013 wieder vor einer
Eigendynamik des militärischen Denkens. Die Schmach des verlorenen Ersten Weltkrieges mit den ungelösten weltpolitischen Folgen bis zur Dolchstoßlegende saß lange Zeit tief in den Köpfen. Erst durch den Zweiten Weltkrieg wurde den Menschen die Sinnlosigkeit und Abscheuligkeit des Krieges in die Köpfe gebrannt. Vorher war der Krieg immer noch wie nach dem preußischen General
Carl von Clausewitz »Die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln«.
Hätte es Hitler nicht gegeben, wäre dieses Denken länger erhalten geblieben und in die Zeit der Atomwaffen gelangt, in der die Menschheit erstmals die Möglichkeit bekam, sich selbst vollständig zu vernichten. Selbst mit den Schrecken des letzten Weltkriegs vor Augen, stand die Welt schon ein paarmal am Rand einer solchen Katastrophe. Was wäre geschehen, hätte der Zweite Weltkrieg 20 Jahre später stattgefunden? Möglicherweise gäbe es die Menschheit jetzt nicht mehr! Natürlich wäre es falsch, Hitler jetzt als den Retter der Menschheit zu betrachten! Vieleicht war er in diesem Szenario einfach der Böse, der seine Aufgabe zu erfüllen hat in der Welt. Ist es nicht auffällig, wie er mehrere Anschläge wie durch ein
Wunder überlebt hat? War es Schicksal oder sogar ein Eingreifen einer "höheren Macht"? Er nannte es "Vorsehung"! Vielleicht hat er überleben müssen, damit die Menschheit weiterbesteht. Vielleicht war dies einfach seine Aufgabe im Leben.
Damit möchte ich die Verbrechen der Nazis nicht kleinreden oder die Taten Hitlers entschuldigen oder gar rechtfertigen.
Böses bleibt böse, auch wenn es irgendwann vielleicht Gutes bewirkt, aber das Denkmodell ist logisch. Die
Vorwerfbarkeit von Verbrechen gerät auch in unserem Strafrecht immer wieder in Konflikt mit Erkenntnissen von Psychologen und Psychiatern, und stößt auf die Theorie, dass es Freien Willen überhaupt nicht gibt, er wäre nur eine Illusion. Schützen müssen wir uns trotzdem vor dem Bösen, zum Beispiel indem wir Straftäter einsperren, das ist eben unsere Aufgabe in diesem Spiel. Eine Folge aus obigen Erkenntnissen war bei uns die Abschaffung der Zuchthausstrafe mit der Großen Strafrechtsreform von 1969, in der DDR sogar schon ein Jahr früher. Aus christlicher Sicht überließ Gott den Menschen mit Adam und Eva die Entscheidung, ob sie
den Apfel vom Baum der Erkenninis essen oder nicht. Freier Wille als Wunschtraum und Schöpfungs-Legende?