◆Die Freiheit des Denkens
Die Freiheit des Denkens
Jesus starb am Kreuz, weil er ein Freidenker (Querdenker) war
Im Mittelalter beanspruchte die Kirche nicht nur das Monopol auf die Sündenvergebung, sondern über die Deutungshoheit auch das Monopol auf die Bildung. Sie deutete alle Phänomene mythisch-spiritistisch in ihrem Sinn. Wer anderer Meinung war, und das auch noch sagte, wurde von der Inquisition als Ketzer verbrannt. Deutungsmonopol und Bildungsmonopol wurden wie selbstverständlich vom kirchlichen Imperium mit Hoheitsgewalt durchgesetzt. Das Denken sollte auf die Klöster beschränkt bleiben und die Mönche und Nonnen durften nur in den Grenzen denken, die ihnen der Papst vorgab. Hildegard von Bingen und Thomas von Aquin kratzten an diese Grenzen, konnten sie jedoch nicht überschreiten. Das restliche Volk musste dumm und ungebildet bleiben, nur dadurch ließ es sich beherrschen.
Der Kampf um das Recht der freien Meinungsäußerung begann in der Renaissance, dem Beginn der Neuzeit, als Menschen versuchten, geheimnisvolle Phänomene nicht mit Mythen sondern mit Wissenschaft zu erklären. Von da an führten die Kirchen ein Rückzugsgefecht, das bis zum heutigen Tag andauert. Immer wieder versuchten Kirchenmänner auf diesen Zug aufzuspringen und das Denken wieder Richtung kirchlicher Mystik zu lenken, wie zum Beispiel George Berkeley im 18.Jahrhundert. Er gab vor, Philosophie und Kirche vereinigen zu wollen, meinte aber in Wirklichkeit eine Unterordnung unter die Kirche. Kirchenmänner damals wie heute leben in einer abgekapselten Welt, in der sich alle gegenseitig in ihrem Denken bestärken und bestätigen. Sie nennen es vielleicht »Den Glauben festigen«, meinen aber, »Das Denken einschränken und unterordnen«.
Einen großen Sieg erlangte das freiheitliche Denken mit der Französischen Revolution, wurde jedoch anschließend gleich wieder von den neuen Mächten aufgefressen. »Die Revolution ist wie Saturn, sie frisst ihre eigenen Kinder!«, dieser Ausspruch von Pierre Vergniaud wurde später auch von Georg Büchner in
Dantons Tod aufgegriffen. Es scheint in der Natur des Menschen zu liegen, Macht über andere Menschen erlangen zu wollen, aber die Herrscher haben immer Angst vor dem freien Denken, es erzeugt Freiheitswillen. Auch Robespierre war eben ein Machtmensch und missbrauchte die Thesen von Jean-Jacques Rousseau für seine Schreckensherrschaft.
Menschenrechte, Grundrechte für alle, heißt eben nicht "alle Menschen sind gleich", wir haben nur die gleichen Rechte. Konkurrenz und Egoismus sind die Triebfedern der Evolution. Dass Gleichmacherei nicht gutgeht, sieht man am gescheiterten Sozialismus und Kommunismus. Ein schönes Ideal in der Theorie, untauglich für die Praxis.
Ebenso ist es mit der Gleichberechtigung der Frauen. Gleiche Grundrechte sind natürlich richtig und gut, aber wir sind eben nicht gleich. Olympe de Gouges wurde nach ihrer
Erklärung der Rechte der Frau 1793 mit der Guillotine öffentlich geköpft. Da haben wir sie wieder, die Machterhaltung, diesmal die Macht der Männer.
Gleiche Rechte heißt gleiche Chancen, aber wir haben unterschiedlichen Voraussetzungen, physischer und materieller Natur, von Geburt an, und einen Einfluss des Zufalls, falls es ihn gibt. Nach Friedrich Nietzsche müssen wir uns damit abfinden. Gleichmacherei behindert nur die Leistungsfähigen und Kreativen. Das erzeugt Frustration und Agression, Revolutionen und Kriege, evolutionäre Selektion. Ob wir uns jemals darüber erheben können, ist mehr als zweifelhaft, auch wenn Søren Kierkegaard meinte, wir hätten alle die Wahl, schön wär's.
Vielen wurde freies Denken zum Verhängnis: Bei Galileo Galilei ging's noch einigermaßen human aus, Jesus kostete es das Leben, weil er ein Freidenker (Querdenker) war, und auch Sokrates verpasste man den Schierlingsbecher. Alles Menschen, die niemendem etwas zuleide getan haben! Kann man tatsächlich nur wirklich frei sein, wenn man nichts zu verlieren hat? Wie Jesus, der nicht einmal davor zurückschreckte, sein Leben zu verlieren, nur weil er unbequeme Reden führte? Vielleicht meinte das auch Janis Joplin, als sie sang
Freedom's just another word for nothing left to lose (Freiheit ist nur ein anderes Wort für »nichts zu verlieren haben« in
Me and Bobby McGee). Der Erfolg führte sie in ein ganz anderes Leben, mit dem sie nicht zurecht kam und das sie deshalb schon 1970 im Alter von 27 Jahren verließ. Aber lasst uns nicht verzweifeln: Wenn man davon überzeugt ist, dass unser Leben nicht sinnlos ist, dann ist es auch nicht sinnlos, am Leben zu hängen, und wir sollten neugierig darauf sein, welche Aufgaben es noch für uns bereithält. Wenn wir diese Herausforderungen in diesem Leben nicht erledigen, dann müssen wir das vielleicht in einem nächsten!